Es schien alles wie vor einem Jahr – TIM NEUHAUS in Hamburg. Wieder im Knust. Wieder mit IAN FISHER im Vorprogramm. Es hat in der Zwischenzeit ein neues Album gegeben, das mir jedoch nicht so gut gefallen hat. Zu poppig, zu glatt, zu wenig Ausbrüche. Aber auf der anderen Seite auch wieder tolle Melodien, perfekte Arrangements und musikalische Perfektion. Immerhin konnte sich Tim in meinem persönlichen Konzertkalender gegen hartes Konkurrenzprogramm aus den Staaten durchsetzen, das heute Abend in der Flora stattfand und ungefähr das Gegenteil zum Knust bedeutet hätte. Punkrock, rotzig und schrammelig.
Damit wird man bei TIM NEUHAUS hingegen nicht konfrontiert und entsprechend bunt durchmischt ist auch das Publikum. Als wir ankamen, stand IAN FISHER noch mit einem zweiten Gitarristen auf der Bühne, der sich THE PRESENT nannte und mit seinem Holzfällerhemd, der bayrischen Lederhose und seiner Tingeltangel-Bob-Frisur optisch perfekt zu FRISKA VILJOR gepasst hätte. Musikalisch ging es in eine ähnliche Richtung: fröhlicher Folk mit lautem Gesang und ordentlich Schalk im Nacken, der letzte Song wurde akustisch inmitten des Publikums dargeboten. Das sorgt für gute Stimmung, die auch bei TIM NEUHAUS & THE CABINET vorherrschte, weil heute ihr letztes Konzert nach einer zweiwöchigen Tour stattfand. Aber was war denn mit dem Mischer los? Die Backing Vocals viel zu leise, genauso Tims Gitarre, im Gegensatz dazu die Orgel und das Schlagzeug viel zu laut. Das machte der intimen Atmosphäre, die man sonst von TIM NEUHAUS gewohnt ist, einen Strich durch die Rechnung und sorgte mit den wirklich lauten Drums fast für Stadion-Atmosphäre. Aber es hatte auch einen positiven Effekt: man achtete mehr auf die Instrumente, die sonst im Hintergrund stehen. Und tatsächlich gewannen die neuen Songs dadurch, weil mir erst jetzt auffiel, wie abwechslungsreich, teilweise sogar vertrackt das Schlagzeugspiel war. Abwechslungsreich war auch der gesamte Auftritt: weil sowohl der Schlagzeuger als auch der Organist seit kurzem auf Solopfaden wandeln, durften beide ihre eigenen Songs vortragen, während IAN FISHER & THE PRESENT immer wieder für Backing Vocals auf die Bühne durften und natürlich auch das Publikum als Chor wieder fleißig mit eingebunden wurde. Nach einer Handvoll Zugaben war Schluss, die Gesichter der Anwesenden strahlten glückselig, und auch ich wurde überzeugt, dass ich dem neuen Album mindestens eine zweite Chance geben sollte.