Als THE WEAKERTHANS im Jahre 1997 ihr Album „Fallow“ veröffentlichten, konnte wohl kaum jemand ahnen, dass die Band entscheidend dazu beitragen sollte, vielen typischen Punkrock-Hörern neue musikalische Horizonte zu eröffnen. Doch angelockt durch die Tatsache, dass es sich hier um die neue Band des ehemaligen PROPAGANDHI-Bassisten John K. Samson handelte, hatte die Band bei vielen von Beginn an einen Stein im Brett und bekam eine faire Chance, sich auch in der Punkrock- und Hardcore-Szene mit ihren eher ruhigen Klängen Gehör zu verschaffen. Und so kam es dann auch: In ihren ebenso melodischen wie auch textlich anspruchsvollen Songs verband sie auf ihre ganz eigene Art Post-Punk mit Folk-Einflüssen, und spätestens mit dem grandiosen Nachfolgewerk „Left and leaving“ setzte sie einen kleinen Meilenstein in der Geschichte des Indie-Rocks.
Meine letzte Möglichkeit, die Kanadier live zu sehen, habe ich leider sträflich verpasst: Damals sollten sie um ein Uhr morgens auf dem Hurricane-Festival spielen, und da sich der Soundcheck der Band zu dem Zeitpunkt bereits eine gute Dreiviertelstunde hinzog und ich gelinde gesagt nicht mehr in der allerbesten körperlichen Verfassung war, zog ich es vor, auf den Auftritt zu verzichten, was ich natürlich am nächsten Morgen total bereut habe. Umso mehr freue ich mich nun darüber, dass 13 Jahre nach dem Debüt eine schicke Live-CD/DVD-Kombination erscheint und ich somit endlich mal wieder in den (wenn auch nur konservierten) Live-Genuss dieser Band komme. Und hier wird mir wieder einmal bewusst, was THE WEAKERTHANS eigentlich so besonders macht: Ihre Lieder berühren den Hörer dermaßen, dass dieser das Gefühl hat, sie wären direkt für ihn geschrieben worden. Stücke wie „Tournaments of hearts“, „The reasons“ oder „Wellingtons wednesday“ sind einerseits extrem emotional, bleiben aber dennoch unaufdringlich und mutieren dadurch zu Hits, wie sie nur wenige andere Bands in der Lage sind zu schreiben. Dazu zeigt sich hier im Gegensatz zu den Live-Alben zahlreicher anderer Bands, dass die Kanadier dem großen Rockzirkus nach wie vor die kalte Schulter zeigen und trotz ihres Erfolges unglaublich natürlich geblieben sind: Kein großes Rumgepose, keine Spielchen mit dem Publikum, stattdessen höchstens mal ein beinahe schüchternes „Thank you, friends!“ oder eine persönliche, leicht verlegen wirkende Ansage. Der Fokus liegt bei den WEAKERTHANS auf der Musik, und so passt es auch wunderbar ins Bild, dass sich die Band bei einigen Liedern Verstärkung in Form von Streichern oder Bläsern holt, die dem Sound etwas Erhabenes verleihen. Mit „Live at the Burton Cummings Theatre“ haben sie sich ein Live-Denkmal gesetzt, dass sie sich ehrlich verdient haben. Und abgesehen davon, dass ich hier meinen persönlichen Lieblingssong „Diagnosis“ vermisse, stimmt hier einfach alles.