Man gründet eine Band mit dem Ziel, Musik zu machen und eine gute Zeit zu haben. Und plötzlich hat man einen Plattenvertrag, geht auf US- und Europa-Tournee und gilt, laut US-Rolling Stone Magazine, als eine der zehn besten Live-Bands 2003. Klingt eigentlich schon zu sehr nach Märchen, aber wenn man das selbstbetitelte Debüt von THE BRONX hört, stellt man fest, dass es sich hierbei nicht um ein hochgezüchtetes Kunstprodukt handelt, sondern um feinsten Punkrock.
Sänger Matt und Gitarrist Joby fanden trotz Fotoshooting und Tourstress im Hamburger Grünspan ein wenig Zeit für dieses Interview.
Wie fühlt man sich so als großer Rockstar auf Tour?
Matt: Haha, wenn wir doch bloß Rockstars wären. Es ist alles sehr aufregend, und wir hätten nie gedacht, dass wir mal die Chance bekommen, durch Europa zu touren.
Joby: Ein Rockstar würde vermutlich nicht so reisen wie wir. Und er würde vermutlich auch die Tour abbrechen, wenn der Drummer ausfällt.
Wieso? Ist euer Drummer ausgefallen?
Joby: Er hat sich auf dem ersten Konzert in Europa den Ellenbogen gebrochen, und wir mussten einen Freund aus L.A. einfliegen lassen, der in zehn Stunden so viele Stücke wie möglich lernen musste. Das war eine ganz schöne Herausforderung.
Wie kommt es eigentlich, dass ihr in so kurzer Zeit seit der Bandgründung so viel erreicht habt?
Joby: Matt und ich spielen schon seit neun Jahren zusammen in Bands. Bisher aber immer nur im Underground. Als wir THE BRONX gegründet haben, hatte ich bereits drei Songs fertig, und jeder hat seinen Teil dazu beigetragen, dass sie komplett wurden. Dann haben wir viel gespielt, weil wir alle Bock drauf hatten und auftreten wollten. Live spielen ist das Wichtigste für uns.
Schreibt ihr die Songs im Kollektiv oder machst du alles alleine?
Matt: Joby schreibt die Sachen an der Gitarre, eigentlich alle Stücke. Und von dieser Basis ausgehend machen wir als Band weiter.
Seid ihr eine Band, die schnell viele Songs schreibt, oder kann man von euch nur ein Album in drei Jahren erwarten?
Matt: Wir lassen die Sachen reifen. Wir schreiben zwar schnell neue Stücke aber bis sie dann letztendlich fertig sind, vergeht eine ganze Zeit.
Joby: Aber wir brauchen definitiv keine drei Jahre für ein Album. Wir sind immer dabei, neue Sachen zu machen und auch nie faul, sondern immer am arbeiten.
Matt: Die Songs müssen auf natürliche Art und Weise verfestigt werden. Gewisse Parts ergeben sich einfach, wenn man ein Lied oft genug spielt. Alles wächst so zusammen.
Worum geht es hauptsächlich in euren Texten?
Matt: Es geht um alltägliche Dinge. Man hat oft eine gewisse Wut auf solche Sachen, die aus der täglichen Frustration entsteht.
Wie geht ihr damit um, dass ihr gerade als eine der besten Live-Bands von einem Magazin wie dem Rolling Stone gehandelt werdet?
Matt: Live spielen ist eine Passion. Wir haben Spaß daran und finden es gut, dass die Leute uns so viele positive Rückmeldungen geben.
Joby: Die Frau vom Rolling Stone rief an und wollte eines unserer ersten Demos zugeschickt bekommen. Ich sagte, die müsse erst ein T-Shirt kaufen, weil ich es mir nicht leisten konnte, das Tape zu versenden. Als sie es hatte, fand sie uns gut, und alles nahm seinen Lauf.
So zum Beispiel der Deal mit einem Major…
Joby: Ich weiß nicht, warum es wichtig ist, ob wir bei einem Major sind oder nicht. Ich spiele seit neun Jahren in Bands und war noch nie gesigned. Ich weiß nicht, ob ein Major gut oder schlecht ist. Jedenfalls haben wir über alles die Kontrolle und dürfen überall was zu sagen, und Island mag unsere Platte und veröffentlicht sie. Das ist großartig.
Hat Island sich in irgendeiner Weise in die Aufnahmen eingemischt?
Joby: Nein, das Album war schon fast fertig, als wir den Vertrag bekommen haben.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Gilby Clark (Ex-GUNS ‚N‘ ROSES)?
Matt: Ein Freund von uns, der jetzt auch irgendwie unser Manager geworden ist, hat vor langer Zeit mit Gilby in einer Band gespielt, noch bevor er bei den Gunners war. Sie sind auch heute noch gute Freunde, und er gab ihm unser Tape. Daraufhin sagte er: „OK, ihr seid gut. Lasst uns das Album machen!“
Mögt ihr dieses DIY-Ding?
Joby: DIY? Ach, hau ab damit! Ich denke, dass Leute, die sich selbst als DIY-Menschen bezeichnen, sich damit in eine bestimmte Szene einkaufen wollen. Wir machen auch alles selbst, aber ich würde uns eher als Workaholics bezeichnen, denn DIY ist mir einfach zu negativ besetzt.
Habt ihr eigentlich Angst, dass nach dem Major-Deal und einem kleinen Hype irgendwann der große Absturz kommt?
Matt: Nein, ich mache mir keine Gedanken über die Zukunft. Und außerdem gibt es wichtigere Sachen, zum Beispiel, wie es unserem Drummer jetzt geht.
Joby: Wir werden immer Musik machen, egal ob Island es mag oder sonst ein Label. Ich mache das schon lange genug und werde es auch weiter machen.
Ist L.A. gut zu Indie-Künstlern?
Joby: Es ist ein hartes Pflaster. In Süd-Kalifornien gibt es so viele Bands und so viele Clubs, in denen du spielen kannst, das ist Wahnsinn. Die Bands rennen den Clubs die Türen ein, und du musst schon verdammtes Glück haben. Aber man kann auch viele Freunde treffen. So war es bei uns mit DUANE PETERS, mit dem haben wir einfach mal ein wenig gesprochen, und schon waren wir sein Support. Aber ansonsten bist du als Musiker in L.A. entweder reich oder pleite. Dazwischen gibt es nichts.
Ich habe neulich ein Interview mit Lars Ulrich gesehen, in dem er gesagt hat: „Wenn Du von mir verlangst, dass ich Dir unsere Musik umsonst gebe, will ich Dich nicht als meinen Fan haben. Hau ab!“
Wie denkt ihr über solche Aussagen und den Umgang von Labels mit Internettauschbörsen?
Matt: Lars Ulrich ist ein Idiot. Er ist so ein gottverdammter Idiot!
Joby: Es ist doch immer dasselbe. Als Kind habe ich aus dem Radio mitgeschnitten, dann Kassetten überspielt, das gab es doch schon immer. Es ist halt so, dass gute Bands auch weiter Platten verkaufen werden, die schlechten werden unter die Räder kommen und verschwinden. Es kümmert mich nicht. Musik ist dazu da, dass man sie hört, sich austauscht und Freude daran hat.
Schönes Schlusswort. Danke für das Interview.
Matt: Ja, gern geschehen.
Joby: No problem!