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TERRORGRUPPE – Aggropop reloaded!

Die TERRORGRUPPE, wer kennt sie nicht… Mittlerweile leider aufgelöst, dürfen sich die Berliner guten Gewissens auf die Fahne schreiben, mit ihrer Musik nicht nur zahlreiche Eltern an den Rand des Nervenzusammenbruchs getrieben zu haben, sondern zugleich eine der bedeutendsten deutschen Punkrockbands der 90er Jahre gewesen zu sein. Das ehemalige Bandmitglied Jonny Bottrop ist heutzutage nicht nur mit seiner neuen Band THE BOTTROPS unterwegs, sondern wildert mit seinem Label „Destiny“ derzeit auch in der musikalischen Vergangenheit der ehemaligen Terrorgruppler: Nachdem er bereits die komplette Diskografie von Archis ehemaliger Hardcore-Band INFERNO in Form einer liebevoll gestalteten Doppel-CD wiederveröffentlicht hat, ist es ihm nun gelungen, die Rechte an den ersten beiden TERRORGRUPPE-Alben zu erlangen und legt diese beiden Klassiker mit remastertem Sound, gepimpten Booklets und zusätzlichen Bonustiteln neu auf!

Im Jahre 1995 schlug das Album „Musik für Arschlöcher“ in der deutschen Punk-Szene ein wie eine Bombe. Die bis dato weitgehend unbekannte Band spielte eine unglaublich geile Kombination aus melodischem, aber dennoch rotzigem Punkrock und Texten, die in Sachen Sarkasmus hart an die Grenze des gutbürgerlichen Geschmacks (und gelegentlich auch darüber hinaus) gingen. Diese Mischung aus Spaß und „Fuck off!“-Attitüde sprach damals vielen aus der Seele, und Hits wie „Keine Airbags für die CSU“, „Sozialer Misserfolg“ oder „Schöner Strand“ sollten auch meine Jugend nachhaltig prägen. Ohne Zweifel, dieses Album ist ein wahrer Meilenstein deutscher Punkrockgeschichte!

Das darauf folgende Album „Melodien für Milliarden“ knüpfte erfreulicherweise nahtlos am Vorgänger an. Vor allem textlich: In „Opa, halts Maul!“ wird gezielt der Finger in die Wunde (unzureichender) deutscher Vergangenheitsbewältigung gelegt und zugleich ein Vorschuss des Erbes zur Finanzierung des eigenen Drogenkonsums eingefordert, in „Der Rhein ist tot“ bekommt die KELLY FAMILY ihr Fett weg, und in „Schäfchenliebe“ wird das allseits bekannte Tabu der zwischenmenschlichen Vergletscherung zwischen Priester und Messdiener thematisiert. Wer seinerzeit sehnsüchtig dem Nachfolger von „Musik für Arschlöcher“ entgegengefiebert hatte, wurde mit diesem zweiten Longplayer keineswegs enttäuscht, sondern vielmehr darin bestätigt, es bei der TERRORGRUPPE mit einer außergewöhnlichen Band zu tun zu haben.

Diese beiden Alben stellten völlig zurecht den Grundstein des Erfolges der TERRORGRUPPE dar. Es folgte eine kometenhafte Punkrock-Karriere mit zahllosen Touren im In- und Ausland, diversen weiteren Tonträgern und ständiger Präsenz in der deutschen Fanzine-Landschaft. Desweiteren hat der frühe TERRORGRUPPE-Sound zahlreiche andere Bands beeinflusst, so dass die Welt ohne die TERRORGRUPPE eine andere – ich behaupte mal rotzfrech eine schlechtere – wäre. Alleine unter diesem Aspekt sollten „Musik für Arschlöcher“ und „Melodien für Milliarden“ Pflichtstoff in jeder CD-Sammlung sein. Und solltet ihr die beiden Alben bereits besitzen, so wissen die geschäftstüchtigen Berliner ebenfalls Rat: „Schenk die alte CD-Version doch deiner doofen kleinen Schwester!“ verkündet ein Aufkleber auf der Einschweißfolie. Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.