Vor kurzem las ich in einem Presseinfo erstmals den Begriff „Post-Grunge“. Ja, warum nach Post-Rock, Post-Punk und Post-Hardcore nicht mal wieder ein fast vergessenes Genre aus der Vergangenheit ans Tageslicht befördern? Immerhin feiert die Grunge-Bewegung inzwischen fast ihr 30jähriges Jubiläum.
Das dachten sich wahrscheinlich auch die Macher des renommierten Sub Pop-Labels als sie sich überlegten, die im Nachhinein etwas unterrepräsentierten TAD durch ein Remastering ihres längst vergriffenen Backkatalogs zu nachträglicher Reputation zu verhelfen. Ob das gelingt, wage ich zu bezweifeln. Denn für den Mainstream waren TAD stets eine Spur zu sperrig. Aber betrachten wir die drei Deluxe-Versionen ihrer Re-Releases (VÖ: 4.11.2016) mal einzeln:
„God’s balls“ (1989)
„Gottes Eier“ – das ist für ein Debütalbum mal eine ordentliche Ansage! Entsprechend angriffslustig klingt auch die Musik von TAD: ein schleppender Bass im Vordergrund, der Gesang mehr hingerotzt als gesungen, die Musik nicht so frickelig wie bei ALICE IN CHAINS, der Sound dafür noch noisiger als bei NIRVANA. „Satan’s chainsaw“ fällt mit seiner eingängigen Gitarren-Hookline fast aus dem Rahmen, ansonsten werden hier keine Freunde gemacht. Heißt aber leider auch, dass das Songwriting manchmal noch ein wenig simpel ist. Dazu gibt es noch Songs von ihrer Debüt-Single und einer 7“-Session, die noch etwas düsterer und mit einem leichten Wave-Einschlag ausfallen.
„Salt lick“ (1990)
Bereits ein Jahr und eine Europa-Tour im Vorprogramm von NIRVANA später folgte auf das Debüt die „Salt lick“-EP, die hier um diverse Singles ergänzt wurde. Der Sound hat sich im Vergleich zum Debüt ein wenig mehr in Richtung Noise-Rock à la UNSANE oder METZ verschoben. Vor allem bei den Singles fällt hier außerdem ein ziemlicher Unterschied in Sachen Produktion auf, wo die Becken stellenweise sehr untergehen. Ein Video zur EP wurde übrigens von MTV verbannt, weil es „zu hässlich“ war. Gut möglich, dass die MTV-Chefs aber auch mit dem garagigen Sound der Band nicht viel anfangen konnten.
„8-way santa“ (1991)
Vielleicht gab es auf die „Salt lick“ zu viel Kritik von außen, oder aber die Band hatte selbst keine Lust mehr auf den rauen Sound. Anders ist der stilistische Wechsel zwischen der „Salt lick“-EP und dem ein Jahr später folgenden Album „8-way santa“ kaum zu erklären. An den Reglern ersetzten TAD Steve Albini durch den GARBAGE-Drummer und eher zu Hochglanz-Produktionen neigenden Butch Vig. Überraschenderweise steht der sehr aufgeräumte und reduzierte Sound der Band aber ausgesprochen gut, der Opener „Jinx“ geht fast als Hit durch, im abschließenden „Plague years“ wird erstmals sogar eine Akustik-Gitarre eingesetzt. Musikalisch tendiert die Band weg von Noise, hin zu Bands wie HELMET, zum Teil sind sogar poppige Punk-Momente erkennbar. Leider war dieses Album auch schon das letzte Lebenszeichen von TAD.
Ergänzt wurde das Album um diverse Demo-Versionen der auf dem Album vertretenen Songs, die aber eher für eingefleischte Fans der Band interessant sein dürften.