Zunächst war ich etwas skeptisch als es hieß, STRIKE ANYWHERE würden ein Akustik-Livealbum veröffentlichen, denn gerade bei einer Band, die enorm von ihrer Power profitiert und dazu noch mit Thomas Barnett einen äußerst quirligen Sänger hat, der gerade dann zur Bestform aufläuft, wenn er so richtig aufdreht, schienen mir Zweifel bezüglich einer erfolgreichen Umsetzung dieses Unterfangens angebracht. Doch, oh Wunder, es funktioniert tatsächlich, denn STRIKE ANYWHERE haben es ziemlich gut geschafft, ihre Songs akustikgitarrenkompatibel umzuarrangieren. Dies wird vor allem in den ersten sechs Tracks des Albums deutlich, die im Juli 2011 in Rochester im Bundesstaat New York aufgenommen wurden und ein sehr differenziertes Klangbild abliefern. Das auf dem „Exit english“-Album durch seine enorme Energie mitreißende Stück „Infared“ beispielsweise wurde gekonnt entschärft, und in „I´m your opposide number“ darf Barnetts Stimme sogar zwischenzeitlich am roten Bereich kratzen, ohne dass es der Atmosphäre des Songs hinderlich ist.
In der zweiten Hälfte, die wiederum einige Monate später in Richmond, Virginia mitgeschnitten würde, ändert sich allerdings plötzlich die Atmosphäre des Albums. War der Gesamtsound zuvor noch sehr präsent und ausgewogen, so scheinen die Gitarren und der Gesang hier nicht mehr separarat aufgenommen worden zu sein, sondern es klingt so, als wäre der Auftritt mit einem einzigen Mikrofon vom Zuschauerrraum aus eingefangen worden. Dies birgt sowohl Vor- als auch Nachteile: Zum einen bekommt der Hörer hier zwar das Gefühl vermittelt, er stünde selbst direkt inmitten des Publikums, doch andererseits klingt der Sound im Gegensatz zu den vorhergegangenen Rochester-Aufnahmen relativ unklar und räumlich entfernt. Umso besser ist im Gegenzug wiederum die Stimmung im Publikum, und man merkt sofort, dass STRIKE ANYWHERE hier ein Heimspiel hatten, denn Lieder wie „Extinguish“ und vor allem „Sunset on 32nd“ werden lauthals und euphorisch aus zahlreichen Kehlen mitgesungen. Bei „Prisoner echoes“ weht mittendrin sogar ein kleiner Hauch von Irland-Feeling durch den Saal. Nicht zuletzt aufgrund der explizit politischen Texte der Band liegt Thomas Barnett also goldrichtig mit seiner Feststellung: „This is the riot folk for rioting folks!“. Woody Guthrie wäre entzückt.