Na, das nenne ich doch mal einen überaus gelungenen Urlaubstag! Den Tag bei feinstem kalifornischen Sommerwetter in Los Angeles verbracht und am Sunset Boulevard bei Amoeba Records, dem weltgrößten Independent-Plattenladen, einen Großeinkauf getätigt; am Abend stand dann in San Diego ein Konzert der Bands SIGNAL TO NOISE und THE GASLIGHT ANTHEM auf dem Programm. Nachdem meine Freundin und ich uns durch den Feierabendverkehr in L.A. und über den berühmten Highway 5 bis nach San Diego durchgeschlagen hatten, fanden wir uns schließlich in einer Straße namens El Cajon Boulevard ein, in der der Club „The Zombie Lounge“ nach meinen Informationen beheimatet sein sollte. Vor Ort jedoch keine Spur von einem Club, und die mir vorliegende Hausnummer „3519“ existierte scheinbar nicht. Schließlich zogen wir den Mitarbeiter einer Tankstelle zu Rate, der uns erzählte, dass im benachbarten Suburb ebenfalls eine Straße mit diesem Namen existiere und eventuell diese gemeint sein könnte, womit er letztendlich recht hatte. Tolle Stadtplanung, Respekt.
Pünktlich zu den ersten Akkorden von SIGNAL TO NOISE rollten wir schließlich vor dem Laden vor und gesellten uns zu den bislang 30-40 Anwesenden. Ein wenig verwundert über die geringe Zuschauerzahl war ich schon, denn in Kalifornien ist Punkrock weit mehr als nur eine Subkultur, und die bekannten Bands dieses Genres füllen hier üblicherweise ganze Arenen. Die Qualität der heutigen Bands scheint sich jedoch noch nicht bis an die mexikanische Grenze herumgesprochen zu haben, hinzu kam noch der Umstand, dass die Show an einem Wochentag stattfand, und dass es sich bei dem Konzert um KEINE All-Ages-Show handelte, wodurch Zuschauer unter 21 Jahren leider draußen bleiben mussten. Die Band gab dennoch ihr Bestes und spielte unbeirrt die Hits von ihrem brandneuem Debüt-Album „Kodiak“. Live kamen die Stücke, allen voran der Gesang, sogar noch eine Ecke kraftvoller rüber als auf CD und wussten das Publikum schnell zu überzeugen.
Nach und nach trudelten dann doch noch ein paar weitere Zuschauer ein, so dass sich zum anschließenden Auftritt von THE GASLIGHT ANTHEM auch so etwas wie Konzert-Atmosphäre einstellte. Die Band aus New Jersey fiel mir zunächst durch ihren Sänger/Gitarristen auf, der von Aussehen, Unterarmtattoofaktor, Körperhaltung und Bühnenverhalten total an MUFF POTTER-Frontmann Nagel erinnert. Ein verschollener Zwillingsbruder? Wer weiß… THE GASLIGHT ANTHEM fingen jedenfalls an zu spielen und hatten den Laden bereits nach wenigen Minuten fest im Griff. Feinster, hymnenhafter Punkrock mit Folk- und Songwriter-Einflüssen, der recht stark an AGAINST ME! erinnert. Solltet ihr irgendwann mal die Chance haben, die Band live zu sehen (kommen im September nach Deutschland!) oder irgendwo ihr hervorragendes Album „Sink or swim“ erspähen, dann zieht euch die Jungs auf jeden Fall mal rein!
Nach kurzer Verschnaufpause an der frischen Luft ging’s auch schon mit der nächsten Band weiter. Scheinbar fungieren in San Diego die regionalen Support-Acts nicht als Opener, sondern treten nach den auswärtigen Bands auf. Auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich, aber gerade bei Konzerten unter der Woche mit auswärtigen Bands, die noch nicht allzu bekannt sind, eine sinnvolle Sache. THE UNDER CLASS MEN haben sich dem rasanten Westcoast-Hardcore verschrieben und gaben mächtig Gas, konnten in Anbetracht der überragenden ersten beiden Bands an diesem Abend jedoch keine großen Akzente mehr setzen.
Es folgte noch eine weitere regionale Band, bei deren Linecheck die Instrumente aber bereits durch das Knurren unserer hungrigen Mägen vollends übertönt wurden. Daher schenkten wir uns die letzte Gruppe und schauten stattdessen lieber am Drive-In-Schalter der Burgerkette Carls Junior vorbei. Burger und Milkshakes avancierten zu später Stunde zum heimlichen Headliner des Abends. Ein überaus gelungener Urlaubstag eben.