2018 kann man für SHAME sicherlich als das Jahr ihres Durchbruchs bezeichnen. Insgesamt 163 Konzerte, darunter die erste Headliner-Tour, Auftritte beim Reading Festival, in Amerika und Asien, ihr Album „Songs of praise“ in den britischen Top 40 und als „Album des Jahres“ in der Bestenliste des britischen Labels Rough Trade. Vor allem bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es sich bei „Songs of praise“ erst um das Debüt der fünf jungen Briten handelt.
Kürzlich wurde bekannt gegeben, dass SHAME 2019 auf dem großen Coachella-Festival auftreten werden. Es geht also in großen Schritten weiter.
Vor ihrem Konzert in Hamburg sprachen wir mit Drummer Charlie Forbes und Gitarrist Eddie Green über die ereignisreiche Vergangenheit.
Willkommen zurück in Hamburg! Wie oft habt Ihr hier jetzt schon gespielt?
Wie oft waren wir schon hier? Wir hatten zwei Auftritte im Molotow, einen im Grünen Jäger und einen im Knust zusammen mit GURR. Heute ist also mindestens schon unser fünfter Auftritt in Hamburg.
Könnt Ihr Euch noch an den ersten Auftritt im Molotow erinnern? Das war auf dem Reeperbahn-Festival 2016 zur Mittagszeit. Ihr saht damals noch sehr verkatert aus.
Oh Gott. Keiner von uns war damals fit und hätte spielen können. Es war unser erstes Konzert außerhalb Englands, wir waren damals noch Teenager und total aufgeregt. Unser Manager hatte uns nach zwei Tagen in Hamburg alleine gelassen. Das war keine gute Idee. Wir sind damals total abgedreht, haben uns volllaufen lassen und wirklich schlecht gespielt. Aber das ist schon lange her. Wir sind nun vernünftiger.
Ein guter Freund sagte, dass Euer Sänger damals ziemlich bedrohlich wirkte. Inzwischen interagiert er mehr mit dem Publikum und kommt eher ironisch als aggressiv rüber. Hattet Ihr schon mal Stress mit Zuschauern?
Nee, wir mögen keine aufgebrachten Leute. Wir wollen einfach nur abgehen und eine gute Zeit haben. Die Leute sollen tanzen und sich nicht boxen.
Ihr habt mit Eurem Debüt viele gute Kritiken eingefahren. Sogar im großen NME. Für eine Band, die als Schülerband angefangen hat, schon sehr beeindruckend.
Es war für uns auch total überraschend. Als wir mit dem Album in den UK Top 40 landeten, war das genauso beeindruckend.
Stimmt es, dass Ihr anfangs Eure ersten Instrumente zusammenleihen musstet?
Wir hatten zu Beginn noch kein eigenes Schlagzeug und haben uns den Proberaum mit FAT WHITE FAMILY geteilt. Es wurden oft Instrumente ausgetauscht, aber sie haben uns auch einige Male beklaut. Das war schon recht chaotisch.
Was war denn Eure Absicht, als Ihr anfingt? Nur Spaß haben und Musik machen?
Am Anfang war es nur zum Spaß. Wir bewegten uns in denselben Kreisen und waren zuvor alle schon musikalisch aktiv – allerdings noch nicht in Bands. Dann hatten wir unsere ersten Konzerte, die ersten Tourneen. Und plötzlich nahm die Band viel mehr Zeit in Anspruch. Das war der Moment, wo es ernster wurde. Inzwischen ist es unser Job.
Kommt Ihr damit schon über die Runden?
Wir können die Miete zahlen, aber für Luxus reicht es nicht. Wir müssen aber auch keine Bank ausrauben.
Musikalisch kann man Euch ja nicht so richtig einordnen. Noise, Indie, Post-Punk, New Wave, sogar etwas Pop. War Eure Musik von Beginn an so vielfältig?
Ja, es ist ein großes Mischmasch mit verschiedenen Einflüssen. Als wir angefangen haben, haben wir vieles ausprobiert, aber nicht alles hat geklappt. Zu Beginn waren wir viel softer und indielastiger. Noise und Punk haben wir erst später entdeckt.
Bedeutet das, dass Euer nächstes Album möglicherweise ganz anders klingen wird als das Debüt?
Wir haben gerade angefangen mit den ersten Songs. Einige davon spielen wir auch heute Abend. Aber wir brauchen dafür noch eine ganze Menge Zeit. Das hängt auch damit zusammen, dass wir alle ins Songwriting involviert sind – effizient ist das nicht. Es dauert sogar ewig lange. Die neuen Songs werden etwas fokussierter sein, aber da wir noch mitten im Songwriting stecken, können wir die Richtung noch nicht abschätzen.
Eure Texte sind ziemlich zornig, zum Teil auch politisch. Wie kam es dazu?
Es passiert einfach ziemlich viel Scheiße, nicht nur der Brexit. Wir sind allerdings auch nicht die einzige Band, die die Nase voll hat. Der Brexit hätte niemals passieren dürfen, aber ob ein zweites Referendum die Probleme lösen könnte, wagen wir zu bezweifeln. Es gibt zurzeit viel Propaganda und Beeinflussung von allen Seiten. Mit jedem neuen Monat kommen neue Probleme hinzu, die durch den Brexit entstehen, viele davon waren vorher gar nicht absehbar. Aber auch global gesehen führen Missstände dazu, dass die Leute immer weiter auseinandertreiben. Das ist keine gute Entwicklung.
Ist Euch schon mal aufgefallen, dass Euer Publikum aus zwei Lagern besteht? Vorne die Kids in Eurem Alter, hinten eine ältere Generation. Wie findet Ihr das?
Ja, das ist tatsächlich bei jeder Show überall auf der Welt genau so. Aber uns gefällt es, dass sich das Alter so vermischt. Die Väter fachsimpeln meistens über unsere Musik und stellen Bezüge zu alten Bands her, und den Kids gefällt es auch. Die Väter kaufen außerdem viel Merch und sind sehr respektvoll.
Ihr habt mit den unterschiedlichsten Bands zusammengespielt – WARPAINT, GURR, BILLY BRAGG. Wie passt das zusammen?
Das passte sehr gut zusammen. Vor allem als Support für WARPAINT waren wir überrascht, wie positiv wir aufgenommen wurden. Trotz der unterschiedlichen Stile. Das war eine gute Erfahrung. Wir mögen gerne mit verschiedenen Bands zusammen spielen.
Mit welcher Band würdet Ihr gerne mal zusammen spielen? Ihr dürft auch Bands aus der Vergangenheit nennen!
DIRE STRAITS wären großartig. Oder BILLY IDOL. UB40? Nee, das wäre zu schräg. Die PIXIES. Oder DINOSAUR JR.