Mit einer bezaubernden Mischung aus Shoegaze, Indiefolk und Dreampop beglücken uns ROSIER aus Montreal auf ihrem zweiten Longplayer. Wobei „Longplayer“ in diesem Fall ein relativer Begriff ist. Auch wenn das Album neun Songs umfasst, kommt es insgesamt nur auf eine Länge von knapp 24 Minuten. Anscheinend hat selbst der Dreieinhalbminüter schon wieder ausgedient, und so dauern einzelne Stücke nur rund eine Minute.
Doch lasst uns nicht über die sinkende Aufmerksamkeitsspanne in Zeiten von Tiktok, Spotify und Co philosophieren, denn beachtenswert ist die zarte Musik von ROSIER allemal. So haucht das Quintett manche Songs in MAZZY STAR-hafter Eleganz durch den Äther, die zudem noch von sphärischen Synthiesounds unterlegt werden, so dass sich beim Hörer nahezu automatisch Gedankenströme zu den traumhaften Küstenlandschaften Kanadas formen. Hier finden analoge Instrumente in perfekter Symbiose mit elektronisch produzierten Sounds zusammen und klingen wunderbar. Dabei werden Geschichten ihrer Mütter erzählt, die manchmal melancholisch, manchmal folkloristisch und nicht selten märchenhaft erscheinen.
Auf ihrem zweiten Album haben die Kanadier/innen ein paar zusätzliche Gäste ins Studio eingeladen, die weitere Instrumente ergänzen, die sich nahtlos in den Gesamtsound einfügen. Ein bisschen Ähnlichkeit hat dies auch mit den norwegischen EINAR STRAY ORCHESTRA. Hier wirkt nichts überladen, sondern angenehm beglückend und entscheunigend. Selbst wer sich sonst mit französischen Texten schwertut, sollte hier durchaus mal ein Ohr riskieren. Très chic!