Ich hörte erstaunte Stimmen, die sagten, sie haben gar nicht mit so vielen Gästen gerechnet und auch Unnsteinn Manuel Stefánsson, Sänger der isländischen Soul/Funk/Elektro-Band, gibt bekannt, dass ihr erstes Hamburg-Konzert mit lediglich acht Besuchern gesegnet war.
An diesem Dienstagabend jedoch, da war es voll, und wäre diese kachelbesetzte Säule neben der Bühne nicht, hätte man noch mehr Platz zum Tanzen gehabt.
Schon Vorband- und Stefson-Synthesizer-Fachmann Hermigervill zeigte den Besuchern bei der Eröffnung des Abends, dass sehr viel Melodie und Spaß zum Einsatz kommen soll. Erfreut und überaus fröhlich hetzt der zottelige Isländer von einem Effektgerät zum nächsten und führt stolz sein Theremin vor, ein elektronisches Musikinstrument, welches ohne Berührung gespielt wird und durch die bloße Existenz elektrischer Ladung des Körpers Klang erzeugt (und zudem als Vorlage für die Moog-Synthesizer diente).
Eine halbe Stunde später kommen seine Bandkollegen dann dazu und das Hamburger Publikum, meines Erachtens nach eines der respektvollsten, das ich bislang gesehen habe, tut alles, was ihm befohlen wird: es werden Melodien mitgesummt, der Bassist wird vor seinem Solo ordentlich angefeuert, und gesprungen wird auf Kommando. Körperliche Betätigung scheint bei den jungen Menschen auf und vor der Bühne kein Fremdwort zu sein.
Gespielt wird eine bunte Mischung aus allem, was RETRO STEFSON in den vergangenen sieben Jahren ihrer Karriere von einer einstiger Schülerband zur schillernden Antwort auf Islands schubladenuntaugliche Musik auf den Markt gebracht haben: vom afropoppigen „Kimba“ bis hin zum sphärischen „Solaris“, Opener des aktuellen, selbstbetitelten Albums.
Ich bin selbst überrascht – denn ich erinnere mich, wie ich mir RETRO STEFSON das erste Mal zum Reeperbahn-Festival 2011 ansah und vorzeitig die Location verlassen musste, um nicht zu riskieren, dass ich mir die Band nie wieder anhören würde, so übereifrig und durcheinander war die damals wie eine zu ungestüme Gewalt der Natur wirkende siebenköpfige Kollektion, die an diesem heutigen Abend kaum auf die Bühne des Haus III&70 passte und – vermutlich geprägt durch ihre Live-Erfahrungen der vergangenen Jahre – erstaunlich professionell und smart ihr musikalisches Talent zum Besten gab.
Von daher: Hut ab und weiter so!