Wie verbringt man am besten den letzten Abend mit einer seiner Lieblingsbands? Soll man mit einem Bierchen in der Hand das Geschehen mit gebührendem Abstand betrachten, sich voll und ganz auf die Musik konzentrieren und noch einmal genießerisch die Atmosphäre der Show in sich aufsaugen? Oder soll man sich doch lieber mitten ins Getümmel stürzen und die Lieder ein letztes Mal gnadenlos abfeiern?
Diese Frage beschäftigte mich auf dem Weg zur Hamburger Markthalle, in der MUFF POTTER im Rahmen ihrer Abschiedstour Station machten. In der ausverkauften Location entschied ich mich dann für die erstgenannte Variante und positionierte mich strategisch günstig (= gute Sicht auf die Bühne und kurzer Weg zum Bierstand) auf den oberen Rängen hinter dem Mischpult. Gegen 21 Uhr betrat CLICKCLICKDECKER samt Band die Bühne und stimmte das Publikum mit seiner eigenwilligen Stimme und netten Indie-Pop-Songs schon einmal auf den weiteren Verlauf des Abends ein. Eigentlich eine feine Sache, doch irgendwie herrschte an diesem Abend eine merkwürdige Unruhe im Saal. Die Leute waren einfach heiß auf den Hauptact, und obwohl CLICKCLICKDECKER mit anständigem Applaus bedacht wurden und auch ein knappes Dutzend Leute munter das Tanzbein geschwungen hatte, schien das Publikum erleichtert zu sein, als die Hamburger mit ihrem Slot durch waren und die Bühne für die Potters räumten. Nach einer kurzen Pause erschienen diese dann begleitet von einem Intro und unter donnerndem Applaus auf der Bildfläche und leiteten mit dem Tourmotto-Song „Alles war schön und nichts tat weh“ einen bunten Querschnitt durch die verschiedenen Schaffensphasen ein. Fans älterer Sachen wie „Zu wenig“, „Unkaputtbar“, „Take a run at the sun“ oder dem grandiosen „Auf der Bordsteinkante“ kamen ebenso auf ihre Kosten wie diejenigen, die eher den neueren Songs wie „Bis zum Mond“, „Gute Aussicht“, „Fotoautomat“ oder „Allesnurgeklaut“ zugeneigt sind. Zwischen den Stücken schwelgte Rampensau Nagel in Erinnerungen an die zahlreichen Hamburg-Konzerte der Band, und da MUFF POTTER in keiner anderen Stadt so oft gespielt hatten wie hier, durfte selbstverständlich auch der Hit „Wir sitzen so vorm Molotow“ nicht fehlen. Für Wehmut blieb jedoch keine Zeit, und sowohl das Publikum, als auch die Band gab noch einmal alles, um dieses Konzert für alle Beteiligten zu einer unvergesslichen Show werden zu lassen. Passenderweise gab es im Zugabenblock noch das EA80-Cover „Auf Wiedersehen“, welches MUFF POTTER auch für ihre Abschiedssingle aufgenommen haben, und mit „100 Kilo“ (samt angehängtem Ende von „Kleine Welt“) endete nach über zwei Stunden das 621. und zugleich vorletzte Konzert der Bandgeschichte. Überflüssig zu erwähnen, dass es mich spätestens zur Mitte des Sets dann doch wieder nach vorne vor die Bühne und mitten ins Getümmel gezogen hat…