Über MOTORPSYCHO habe ich irgendwann die Aussage getätigt, dass man sich niemals vorschnell von der Band abwenden solle. Gefiel das eine Album nicht, sah die Sache bei der nächsten Platte möglicherweise schon wieder ganz anders aus. Was haben die Norweger in ihrer 30jährigen Bandgeschichte nicht schon alles für Felder beackert? Folk, Indie, Jazz, Metal, Prog, Psychedelic, Country, Rock. Insofern war ich fast ein wenig überrascht, als Andre von Zardoz Records mir offenbarte, dass er sich für MOTORPSYCHO nie so recht begeistern konnte.
Doch seit Håkon Gebhardt 2005 das Trio verließ und sein Nachfolger Kenneth Kapstadt vor drei Jahren auch von dannen zog, schleicht sich so langsam das Gefühl ein, dass Bent und Snah mit dem pompösen Gitarrenrock doch ihre wahre Berufung gefunden zu haben scheinen.
Insofern überrascht es auch nur ein wenig, dass „The crucible“ von der Anzahl der Songtitel zunächst wie eine EP erscheinen mag, die vier Songs es aber doch auf eine Spielzeit von einer guten Stunde bringen. Mit langatmigen Postrockstücken haben wir es jedoch keineswegs zu tun, stattdessen trifft der oftmals etwas despektierlich verwendete Begriff „Rockoper“ es in diesem Fall doch ganz gut. Hier nehmen Stücke wie das elfminütige „Lux aeterna“ eine musikalische Wandlung vom zart-folkigen Beginn, über indiepoppige Orchestralbegleitung, um nach knapp fünf Minuten in einen sehr anstregenden, fast freejazzigen Instrumentalteil abzugleiten und zum Ende hin doch in ein pompöses Rockstück aufzugehen.
Wer „The crucible“ hört, sollte definitiv belastungsfähig sein. Die Zeit der Songorientierung, die MOTORPSYCHO gegen Mitte Neunziger und zu Beginn des neuen Jahrtausend ausgezeichnet hat, scheint mittlerweile zu den Akten gelegt zu sein. Natürlich gibt es auch 2019 noch immer viele tolle Momente auf dem inzwischen 22. Longplayer der Band. Aber insgesamt ordne ich das Album doch eher in die Schublade „anstrengend zu hören“ ein, weshalb langfristig gesehen andere Platten wohl häufiger aus dem Regal gezogen werden.