Kathedralesk.
Es sind die Lieder, die hängen bleiben. Die Beats in der Nähe, in ihrer Stärke und ihre Raumveränderungen, die mich an sie bannen: MODERAT. „Hallo Hamburg!” verkündet Sascha Ring das Unikat des zweimaligen Auftritts in der norddeutschen Stadt mit der gleichen Platte im Nacken.
Lauter! Geht das nicht lauter? ruft es aus den Reihen des gut gemischten und eng gedrängten Publikums. 34 Gigs vom 26.1. in München bis zum 31.3. in Poznan, 27 davon bis zur Zählung am 16.2. ausverkauft, wie auch der heutige Abend. Der Club mit rotem Stern und türkisem Schein am Dockshimmel eignet sich sehr für den Körper MODERAT in seiner Ausstrahlung und Klangart. Die Docks gestalten sich zutreffend für die technolastigen Kräfte, die auf der Platte seichter wirken. Es passt genau dieser Gegensatz. Gern etwas gerade und zu stark zeigen sie sich auf den Fotos, was sie durch ihren Humor auch wieder verflachen. Liegt in diesem Humor vielleicht auch der Zugang zur Melodie, Dramatik und zur Seichtheit, wogegen sich die Deepness des für mich Urbanen stemmt. Der Sound ist diesmal erträglicher als im Sommer auf Kampnagel. Es hat weniger Kraft und ist dennoch so sehr durchdringend, dass sie mich von Anfang an erwischen.
Die drei Gestalten hinter der Musik stehen an ihren Schraubtischen, von links nach rechts:
Der Einzige, der eher ruhig ist: Sebastian Szary in seinem Ganzkörperanzug.
Der Einzige, der sich offensichtlich bewegt und der für die Witze in Dialekt dazwischen: Gernot Bronsert als DJ hinter seinem Tisch wippend und groovend, die Beats ein- und ausdrehend, die Technokicks manövrierend.
Der Einzige der zu direkten und organisch-analogen Klängen von seinen Stimmbändern und den E-Gitarrensaiten greift: Sascha Ring grazil und mit viel Gefühl in seinen Tönen.
Als viertes Element künstelt das Visual Artists Collective. Die PFADFINDEREI, die auch für die Bilder in den Videos – u.a. „The Last Light” – sorgen, machen sich auf großen, zum X-drapierten, weißen Leinwänden in räumlicher Wirkung erlebbar.
Im Ganzen ist es ein sehr runder Abend, der von vier Zugaben beendet wird, in denen Rings Stimme reichhaltig und tragend zur Geltung kommt. Noch bevor sie diese beginnen, räumt er ein, dass es ihm aufgrund des Essens hinter der Bühne schwer falle, erneut die Bühne zu betreten. Sie prosten mit ihren Wasserflaschen den Zuschauenden zu und hinterlassen etwas, was ich erneut zu erleben hoffe: Das Trockene, Stumpfe, Nahe und das Tiefe, Erfüllende und kathedralesk Niemals-Enden-Wollende.
Hier ein Link zur letzten Review MODERATs auf Kampnagel am 11. August 2013:
http://blueprintfanzine.de/wp/moderat-tour-januar-maerz-2014/