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MILLIARDEN – 2 + 3 = Milliarden

Hin und wieder stößt man als Fanzine-Schreiber auf Bands, die definitiv aus der breiten Masse an vermeintlichen Konkurrenten herausstechen. So wie MILLIARDEN aus Berlin, deren Debüt-EP „Kokain & Himbeereis“ mich vor einigen Monaten erreichte und auf Anhieb überzeugte. Mit ihrer Mischung aus unverbrauchtem Indie-Pop und Retro-Deutschrock erinnerten sie mich irgendwie an eine seltsame Mischung aus VIERKANTTRETLAGER und TON STEINE SCHERBEN, wobei aus den zugegebenermaßen stellenweise etwas verklausulierten Texten passend dazu auch der ein oder andere politische Unterton herauszuhören ist. Grund genug, euch die Band in Form eines kurzen Interviews vorzustellen und ans Herz zu legen, zumal MILLIARDEN derzeit so richtig durchstarten und einen prall gefüllten Tourkalender haben! Sänger Ben Hartmann stand uns Rede und Antwort.

[F] Da die meisten unserer Leser euch noch nicht kennen dürften, schlage ich zum Einstieg eine kleine Vorstellungsrunde vor. Wer verbirgt sich hinter MILLIARDEN? Seit wann gibt es die Band? Wie habt ihr euch kennengelernt? Schieß los!
[A] MILLIARDEN ist eine Band, die Johannes und ich 2013 ins Leben gerufen haben. Wir schreiben Lieder und spielen sie dann unseren Jungs Philipp, Flozze und Findan vor. Dann passiert das, warum wir Musik machen.. Energie, Erschöpfung und von vorne. Ich habe Johannes vor vier Jahren kennengelernt und seitdem schreiben wir und sind sowas wie ein Paar (leider komplett unsexuell). Fini ist der Drummer aus meiner Teenager-Zeit, der damals schon in den Kellern unserer Stadt das schönste Lachen hatte. Philipp saß im Sommer 2013 durch Zufall mit einem anderen Kumpel in meinem zu heißen Zimmer, und ich habe ein Lied gesungen. Danach kam er mit in den Proberaum und alles war klar. Etwas später haben wir in Hamburg Flozze getroffen und wir waren komplett.

[F] Mir ist aufgefallen, dass ihr offiziell als Duo firmiert, allerdings ist auf eurer EP eine komplette Bandbesetzung zu hören, und auch in den Live Session-Videos, die man von euch bei Youtube findet, habt ihr zusätzliche Mitstreiter. Wie ist es zu erklären, dass eure Mitmusiker nach außen hin nicht offiziell als Bandmitglieder in Erscheinung treten?
[A] Jo-Jo und ich treten öffentlich als Duo auf, aber verstehen uns als Band. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Aspekt, den man an MILLIARDEN verstehen muss. Wir sind eine Band, von denen sich zwei das grobe Gerüst ausdenken. Das Fleisch ist die Gruppe!

[F] Als Fanziner oder Musik-Blogger steht man immer wieder vor der Herausforderung, seinen Lesern den Sound einer ihnen unbekannten Band bildhaft zu beschreiben. In eurem Fall ist das gar nicht mal so einfach, denn obwohl man durchaus Parallelen zu anderen Bands heraushören kann, klingt euer Sound doch sehr eigenständig. Wie würdet ihr persönlich jemandem eure Musik beschreiben?
[A] Verzerrte Gitarren, Schweineorgel und Drums… das alles im Spektrum zwischen Kokain und Himbeereis. Ich singe nicht gut, aber dafür sehr laut und gerne.

[F] Vergleiche mit TON STEINE SCHERBEN dürftet ihr nicht zuletzt wegen deiner Stimme des Öfteren hören. Ihr habt die Politrock-Legende ja bereits supporten dürfen. Wie seid ihr an den Support-Job gekommen? War das Zufall, oder wurdet ihr aufgrund der erwähnten Ähnlichkeiten bewusst ausgewählt?
[A] Die Gefahr bei diesem Vergleich ist, eine Kategorie in den Köpfen der Menschen zu erfüllen und dann in Stein gemeißelt im CD-Regal zu verrotten…“Ah ja, Milliarden, die klingen wie…“ Wer will das? Wir nicht! Wir lieben Rio, wie viele das tun. Definitiv ist ehrliche Demut hier ein guter Ansatz, aber mehr nicht. Der Grund, warum wir mit TON STEINE SCHERBEN im Kesselhaus gespielt haben, ist dass wir die selbe Booking-Firma haben: Sparta Booking. Liebe Menschen haben dann für uns ein Wort eingelegt und wir konnten dabei sein.

[F] Mit „Kokain & Himbeereis“ habt ihr inzwischen eure erste EP veröffentlicht. Während viele Bands heutzutage ihre ersten Aufnahmen ausschließlich in digitaler Form anbieten, habt ihr euch für den gegenteiligen Weg entschieden und bietet die EP ausschließlich als 12″-Vinyl mit handbesprühtem bzw. beschriftetem Cover an. Weshalb habt ihr euch ausgerechnet für dieses Format sowie diese arbeitsintensive Art der eigenhändigen Cover-Gestaltung entschieden?
[A] Wir stehen auf den Klang von Vinyl. Die Entscheidung war die Abgrenzung vom permanenten Zugriff. Niemand kennt uns, warum sollten wir uns also anbiedern? Wir wollten die Platte, um etwas Besonderes und Rares in den Händen zu halten.

[F] In euren Texten hört man zwischen persönlichen Themen auch immer wieder politische Ansätze heraus, wobei ihr allerdings nie konkret werdet. Knüpfen wir also noch einmal bei Rio Reiser an: Wenn ihr „König von Deutschland“ wärt, welche drei Dinge würdet ihr in diesem Land als erstes ändern?
[A] Auf jeden Fall den Reichstag in eine riesige, permanente Techno-Party verwandeln. Aus allen Panzern, Booten und Waffen eine Stahlleiter in den Himmel bauen. Eine Puppe von mir mit umgedrehter Krone an alle Laternen hängen.

[F] Mit dem Stück „Freiheit is ne Hure“ habt ihr es sogar in Oskar Roehlers Kinofilm „Tod den Hippies – es lebe der Punk!“ geschafft. Habt ihr selber auch einen persönlichen Bezug zur Punk-Kultur?
[A] Du nennst es Kultur. Ich glaube, dieses Wort will man sich gerne vom Leib halten, wenn man Punk ist. Also ja, wir hatten unsere Zeit, in der wir nichts mit dem Rest zu tun haben wollten und auf der Suche nach einer anderen Sprache waren. Entweder mit der Punkband oder mit dem Rucksack im Regio. Ich glaube, diese Spuren bleiben in einem. Das Begehren auch.

[F] Last but not least: Wann ist mit eurem ersten Album zu rechnen?
[A] Wir sind gerade viel im Bus unterwegs und versuchen, die Platte hier fertig zu machen. Anfang 2016 ist es bestimmt soweit, und die nächste Vinyl fällt auf den Markt.

Okay, wir sind gespannt! Wer sich nicht solange gedulden möchte, kann die Jungs bis dahin an folgenden Terminen live sehen:

26.09.2015 Berlin – Indipendent Night
27.09.2015 Mannheim – Capitol
29.09.2015 Frankfurt – Batschkapp
30.09.2015 Frankfurt – Batschkapp
02.10.2015 Kaiserslautern – Kammgarn
03.10.2015 Karlsruhe – Tollhaus
04.10.2015 Köln – E-Werk
15.10.2015 Hamburg – Molotow
16.10.2015 Köln – Yuca
17.10.2015 Treves – Luckys Luke
04.11.2015 München – Feierwerk
05.11.2015 Frankfurt – Elfer
06.11.2015 Leipzig – Centralpalast
07.11.2015 Berlin – Badehaus Szimpla

Link:
http://www.milliardenmusik.de/

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.