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MARTIN KOHLSTEDT & GEWANDHAUSCHOR – Ströme

Ordnet man MARTIN KOHLSTEDT seit dem Wechsel zu Warner Classics nun der E-Musik zu? Immerhin mischt auf seinem neuesten Album ein 70köpfiger Klassik-Chor mit, und nicht nur irgendeiner, sondern der Leipziger GewandhausChor. Wenn schon, denn schon.
Oder hat sich gar nicht so viel geändert? Vielleicht wurden auch die vorherigen Alben des gebürtigen Weimarers genauso wenig als U-Musik vergütet. Irgendwie mischte Warner auf „Tag“, „Nacht“ und „Strom“ (und den Remix-Alben) ja ebenfalls schon im Hintergrund mit. Und doch hat sich durch die Zusammenarbeit mit dem großen GewandhausChor einiges geändert, auch wenn die Stücke des Vorgängeralbums hier teilweise wieder aufgegriffen werden.
Fällt in dem Opener „Senimb“ vor allem das klassische Orchester ins Gewicht, übernimmt ab dem zweiten Stück „Tarleh“ in erster Linie der Chor die tragende Rolle, während Kohlstedts Klänge am Flügel nur eine begleitende Funktion übernehmen und dadurch zwangsläufig in den Hintergrund treten. Erst ab der Mitte des Albums („Niodom“) wird man daran erinnert, dass MARTIN KOHLSTEDT in der Vergangenheit durchaus gute und eingängige Solo-Piano-Stücke komponiert hat, die hier durch chorale Passagen nur in Bezug auf Volume ergänzt werden. In „Ksycha“ kommen endlich auch Kohlstedts elektronischen Versatzstücke zum Einsatz. Im Dezember 2017 war es vor allem das Wechselspiel zwischen Modern Classic und Electronics, die seinen Auftritt im Großen Saal der Elbphilharmonie zu einem großartigen Konzert machten. Doch auf „Ströme“ hat es den Anschein, dass Kohlstedt beweisen möchte, dass seine Musik auch zusammen mit großen Klassik-Formaten funktioniert.
Ja, in der Tat funktioniert dies hier auch. Doch die hypnotische Wirkung seiner Songs, gerade im Zusammenspiel mit elektronischen Elementen, wird auf „Ströme“ leider bei mir nicht ausgelöst. Daran kann auch das vorletzte Stück „Thiphy“ nichts mehr ändern, das stilistisch in atmosphärische Klänge eintaucht. So bleibt „Ströme“ zwar ein spannendes Projekt zwischen einem Solomusiker und einem großen (menschlichen) Chor, doch für das folgende Album hoffe ich darauf, dass Kohlstedt sich wieder auf seine eigenen Ideen konzentriert. Die reichen für ein gutes Album und ein großartiges Konzert nämlich absolut aus.