Es gibt in meinem Bekanntenkreis nicht wenige, die der Meinung sind, dass das beste deutschsprachige Punk-Album des Jahres 2017 ausgerechnet von einer HipHop-Band veröffentlicht wurde. Die Rede ist von dem Album „Atombombe auf Deutschland“, welches die ANTILOPEN GANG als Bonus der Deluxe-Version ihres letzten Longplayers „Anarchie und Alltag“ beigefügt hat, und auf dem zahlreiche Sänger diverser Punk-Szenegrößen Gastparts beigesteuert haben. Mit der instrumentalen Vertonung dieser Punk-Versionen wurde hingegen einzig und allein ein junger Mann namens MÄNNI betraut, der nun mit „Mir tut alles weh“ sein zweites Solo-Album vorlegt. Und auch hier hat er alle Instrumente selbst eingespielt, obendrein den Gesang beigesteuert und sogar selbst aufgenommen. Lediglich Mix und Mastering wurden in fremde Hände gegeben. Und was soll ich sagen – das Ergebnis ist nicht nur unter Berücksichtigung des „One-Man-Show“-Aspekts erstaunlich gut geworden. Musikalisch betrachtet ist das Album sehr abwechslungsreich: Mal erinnern mich einige Lieder an ADAM ANGST („Heimlicher Abgang“, „Das erste ehrliche Liebeslied“) oder DIE ÄRZTE („Verboten“), an anderer Stelle tauchen typische Neunziger-Jahre-Melodycore-Riffs auf („Alkoholimplantat“, „Im Bett“), und auch vor Einflüssen wie Reggae oder Pop schreckt MÄNNI nicht zurück. Ebenfalls beachtenswert ist zudem die Hit-Dichte, die das Album spätestens nach drei bis vier Hördurchgängen offenbart. Und dann wären da auch noch die Texte, die sich ebenso intelligent wie humorvoll um vermeintlich platte Themen wie Alkoholkonsum oder die unangenehmen Begleiterscheinungen des Älterwerdens drehen, im Fall von „Schnauze voll“ allerdings auch mal eine klare politische Aussage transportieren. Kurzum: Ein klasse Album für all diejenigen, die das Lachen noch nicht verlernt haben und deutschsprachigen Punkrock in seiner ganzen Bandbreite zu schätzen wissen.
MÄNNI – Mir tut alles weh
- Beitrags-Autor:Bernd Cramer
- Beitrag veröffentlicht:3. März 2019
- Beitrags-Kategorie:Tonträger
Bernd Cramer
Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber.
Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.