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LOVE IS ALL – Two thousand and ten injuries

Man nehme eine alte analoge 24-Spur-Aufzeichnungsmaschine, einen Stapel Vinyl von Girlgroups aus den 60ern, dazu je eine alte Scheibe von X-RAY-SPEX und den PSYCHEDELIC FURS (um sich coole Sax-Sounds abzugucken), sowie jeweils ein Album der RAVEONETTES und der YEAH YEAH YEAHS, begebe sich in Klausur und harre der Dinge, die da passieren mögen. So ungefähr kann das neue, dritte Album der Band aus Göteborg „Two thousand and ten injuries“ entstanden sein. Verbrieft ist die analoge Bandmaschine, die zwangsläufig reduzierte Arrangements erzwang und bestens geeignet war, dieses unglaublich retro, ja fast schon antiquiert klingende Album entstehen zu lassen. LOVE IS ALL werfen einen ganzen Haufen Popmelodien mit ´ner Packung Widerhaken, kleinen, scharfen Kanten, simplen Punk- und New Wave-Anleihen und einer Prise Noise in den Topf, rühren kräftig um und servieren quasi eine 60s-Version der YEAH YEAH YEAHS. Der rote Faden des Albums ist der Oberretrosound. Hier ist wirklich gar nichts gepimpt, alles klingt unglaublich authentisch. Hoch anrechnen muss man der Band, dass man absolut zeitgemäßen Indiebeatpop serviert und sich nicht der Verlockung hingibt, komplett die alten Zeiten wiederzubeleben. Die Songs selbst bieten trotz des reduzierten Konzepts viel Abwechslung. Mal bratzelt eine dengelige Gitarre mit einer Billigorgel und einer verrosteten Tröte um die Wette („Bigger bolder“), dann glaubt man, einem Mash-up aus griechischem Schlager und Voodoo-Pop zu lauschen („Repetition“), um im nächsten Moment in einem sonnigen, schunkelndem Hippiepopsong zu landen („Never now“). Etwas Karibikfeeling gefälligst? Bitte schön! „Early warning“ hat auch das im Gepäck und bietet so ganz nebenbei das schönste unpeinliche Saxophon seit „Sister europe“ von den PSYCHEDELIC FURS. Tribalgetrommel, gepaart mit Synthieflächen, dem hinlänglich erwähnten Saxophon und Surfgitarre gibt es in „The birds were singing with all their might“. Klingt krude? Ist es aber gar nicht! Nicht unüberraschend wartet im letzten Albumdrittel sogar noch ein waschechter Hit auf Entdeckung. „Kungen“ ist einerseits so was von 60s-Girlie-Pop, andererseits richtig Punk. „Dust“ steht dem in nichts nach und dürfte in nächster Zeit durch die Indie-Discos geistern. „Two thousand and ten injuries“ bietet erfrischenden Pop weitab von der glattgebügelten Casting- und Chartssoße und doch immer eingängig genug, um nicht anstrengend zu werden. Man mag gar nicht daran denken wie eine Lena Meyer-Landrut in so einem Klangkosmos aufblühen würde. Kann mal einer den Raab anstupsen?