Da haben die Trüffelschweine von Rough Trade mal wieder einen wahren Diamanten ausgebuddelt. Einen lavendelfarbenen. Allerdings, LAVENDER DIAMOND steht und fällt mit Betty Stark. An ihr werden sich die Geister scheiden. Entweder unverständliches Kopfschütteln oder euphorische Begeisterung. Ich versuche es mal zu erklären. Zunächst wäre da die (klassisch ausgebildete) glasklare Stimme, die in Höhen vorzudringen vermag, in denen die Luft bereits arg dünn wird und manchmal sogar Glas zerspringt. Die vordergründig naiven Texte, die eher Mantras gleichen als einem konservativen Strophe/Refrain-Schema zu folgen, könnten ebenfalls den ein oder anderen die Nase rümpfen lassen. Das Spektrum reicht von einfachen Harmonien in Tradition von Sixties-Girlgroups und orchestralen Arrangements über Folk und perlenden Country bis hin zum perkussiven „Like an arrow“, das in einen hypnotischen Bann zieht. Aber das Beste kommt noch: LAVENDER DIAMOND ist eigentlich ein Charakter aus einem Bühnenstück, das Miss Stark in ihrem bunten Lebenslauf erschuf. Eine Art Vogel-Frau mit der Vision einer leuchtenden Zukunft und der Mission, den Menschen Liebe, Freude und Frieden zu bringen. Und jetzt flechten wir uns noch Blumen ins Haar, fassen uns an den Händen und tanzen unbedarft im Kreis. Hier werden Klischees fast schmerzvoll ausgereizt. Allerdings weiß man auch nie so genau, wie viel Komödie dabei einfließt. Als Miss Stark ihr Konzept hinter LAVENDER DIAMOND ihren Mitmusikern einst eröffnete, reagierten Steve Gregoropoulos (klassischer Pianist und Arrangeur), Ron Rege Jr. (Drummer und Cartoonist, der auch für das gesamte Artwork verantwortlich ist) und Jeff Rosenberg (Gitarrist und inzwischen nicht mehr dabei) verständlicherweise mit einem knappen aber bestimmten ‚no way’. Wie man nun hört, haben sie sich allerdings doch noch überzeugen lassen. Und auch Geoff Travis hat sich überzeugen lassen. Und der hat sich schließlich auch von SUPER FURRY ANIMALS oder BRITISH SEA POWER überzeugen lassen, die immerhin auch irgendwie erfrischend anders sind. Ja, und auch ihr werdet euch überzeugen lassen und dabei ertappen, wie ihr in Gedanken den Schellenkranz schlagt. Ihr mögt doch auch DEVENDRA BANHART. Der ist auch ein bisschen zerschossen und lebt in seiner eigenen Welt, in der es demenstprechend schon Split-Singles mit Miss Stark gab. Free-Folk mit optimistisch-verstrahlter Message also.