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KALTFRONT – Spiegel

 
Woran merkt man, dass man alt wird? Wenn man erfährt, dass Christina Applegate („Kelly Bundy“) ihren 50. Geburtstag feiert, oder wenn einem auffällt, dass man auf Konzerte von Bands geht, die es bereits seit mehr als 20 Jahren gibt (zuletzt u.a. BOY DIVISION, EFTERKLANG, TURBOSTAAT). Übrigens feiern die Rock-Opas von METALLICA in diesem Jahr ihr 40jähriges Bandjubiläum…
Dass wir aber eine Band besprechen, die sich vor 35 Jahren gegründet und die ganze Punkkultur der Achtziger in der DDR miterlebt hat, passiert dann doch eher selten. Kollege Bernd hat sich bereits schon seit längerem mit KALTFRONT befasst und neben den zusammengefassten Demo-Tapes („Zieh Dich warm an“) und Live-Mittschnitten aus der kommunistischen Vergangenheit („Live ´88“) auch „Zwischen allen Fronten“ aus dem Jahr 2012 besprochen. In einem Interview aus demselben Jahr sprach Bassist Jörg davon, dass mit diesem Album ihr Pulver erst einmal verschossen und das Projekt abgeschlossen sei. Doch so ganz konnten die Jungs die Finger nicht von ihren Instrumenten lassen, brachten in der Zwischenzeit sogar ein weiteres Album („Wenn es dunkel wird“) heraus, und wenn ich mir ihr neues Album „Spiegel“ so anhöre, war dies eine durchaus begrüßenswerte Entscheidung.
Denn „Spiegel“ klingt wie eine großartige Reise durch die Musikgeschichte, in der die Stile Punk, Shoegaze, Postpunk und Dark Wave so toll miteinander verwoben werden, dass man sich fragt, wie sie das schaffen, wo sie doch gleichzeitig im Interview bekundeten, dass die eigene Musik keine Priorität bei ihnen hätte. Stattdessen klingt „Spiegel“ aber in etwa so, als ob man das Beste von MESSER, TURBOSTAAT, FEHLFARBEN und JOY DIVISION miteinander kombiniert, um daraus einen ganz eigenen Stil zu schaffen, dem es weder an Druck noch an Spannung fehlt. Das alles in einem düsteren Ton, dazu thematisch passende Texte über unerfüllte Hoffnungen, Ängste, Resignation und Selbstzweifel. Dass „Spiegel“ ausgesprochen zeitlos klingt und der Text von „Was glaubst Du?“ sich genauso gut auf Querdenker beziehen könnte, macht dieses Album umso bedeutsamer.