Ich erinnere mich, als ich zum ersten Mal von JR EWING gehört habe. Das müsste um 2000 herum gewesen, damals als JIMMY EAT WORLD gerade „Clarity“ veröffentlicht hatten und JR EWING „Calling in dead“. Emo und New School Hardcore waren damals für mich zwei völlig neue Musikrichtungen, und ich gestehe, dass die Jungs von ONE MAN AND HIS DROID und späteren COALFIELD bei mir eine Menge Aufklärungsarbeit zu leisten hatten.
Diese neuen Sachen fesselten mich aber auch ungemein, und von der obligatorischen Schwemme an Bands, die in den kommenden Jahren folgen sollte und die eigentlich bei jeder guten Musikrichtung letztlich für einen Overkill sorgt, war man noch weit entfernt.
Aber kommen wir zurück zu JR EWING: „Everyone else“ wurde damals zum Hit in unserer heimischen Stammdisco, und endlich konnte man sich auf der Tanzfläche wieder richtig austoben. Ganz so wie schon zwei Jahre zuvor zu REFUSED.
Mit den kommenden Alben wurde bei JR EWING zwar ein wenig Energie herausgenommen, dafür rockte „Ride paranoia“ umso mehr, während Sänger Andreas Tylden auf „Maelstrom“ sein Geschrei sogar des öfteren gegen klaren Gesang austauschte.
Im Interview vor der offiziellen VÖ gestand die Band dann auch, dass man zwischen den letzten beiden Alben unter anderem aufgrund persönlicher Schicksalsschläge kurz vor dem Aus gestanden hätte, und den Fortbestand der Band mochte man mir nach wie vor nicht so recht zusichern.
Und tatsächlich sollte dann nach dem Album auch Schluss sein, und so folgte im August die letzte Tour der Band hierzulande, bevor im Oktober die abschließenden Konzerte daheim in Norwegen ausgetragen werden. Aber beginnen wir bei der Vorband, die die Band aus Oslo mitgebracht hatte. Die hießen RUMBLE IN RHODOS und klangen 1A wie BILLY TALENT. Nicht ganz neu, aber auch keineswegs schlecht. Schien mir jedenfalls eine gute Einstimmung auf den Abend zu sein, und so langsam wurde es auch schön eng und heiß im kleinen Molotow. Na, das würde gleich sicher gut abgehen, zumal alle wussten, dass es ihre Abschiedstour war. Und die Band legte auch von Beginn an ordentlich los. Vorrangig Material des aktuellen Albums, aber auch noch so manch älterer Song. Insgesamt blieb die Stimmung, bis auf ein paar tanzende Jungs, aber recht verhalten. Hey Leute, was ist mit euch los? Dachte ich mir, fühlte mich an meine Jugend erinnert und begann, ein wenig herumszuschubsen und Bier in die Menge zu spritzen. Kam aber bei den Kids von heute scheinbar nicht so gut an, wie mir ein Typ von der Seite versicherte. Na dann, ist ja auch egal, ist ja auch nur eine Abschiedstour. Die Band zeigte sich glücklicherweise jedoch in Topp-Form, wesentlich tighter und kraftvoller als noch vor einem Dreivierteljahr in der Tanzhalle. Da schien es mir noch ein wenig schwachbrüstig, als Andreas zu den alten Songs sang statt schrie. Mittlerweile hat er da aber den goldenen Mittelweg gefunden, so dass eigentlich keiner enttäuscht sein sollte. Wer übrigens beabsichtigt, Mitte Oktober nach Norwegen zu fahren: schreibt der Band ’ne Mail – sie versprechen, Gäste von außerhalb auf die Gästeliste zu setzen. Na, wenn das kein nettes Angebot ist!