JOYCE HOTEL aus Dänemark lieferten kürzlich ihr erstes Album ab und wurden sofort mit den ganz Großen verglichen. Und tatsächlich schaffte das unbetitelte Debüt Assoziationen zu RADIOHEAD’s "Ok computer" und FIRESIDE’s bisheriges Meisterwerk "Elite". Es wurde ausgiebigst am Songwriting gefeilt und das Gesamtwerk mit einer Menge an Dramaturgie verfeinert. Doch während sich das Album trotz aller Größe insgesamt eher im melancholischen Bereich aufhält, schienen JOYCE HOTEL es auf der Bühne verstärkt auf die kraftvollen Rockparts anzulegen. Für meinen Geschmack hätte ein wenig mehr Pathos und Action sicherlich nicht geschadet, aber das ändert natürlich nichts an der Qualität des Albums und so bat Blueprint Sänger Kristian vor dem Konzert in der Hamburger Weltbühne zum Interview.
[F]Wie war insgesamt die Resonanz auf das Album? Und wie lange habt ihr eigentlich dafür gebraucht, euer Debüt fertigzustellen?
[A]Wir erhielten fast ausschließlich positive Reviews, was uns natürlich sehr freut. Insgesamt haben wir etwa elf Monate im Studio an den Songs gefeilt, wobei der Aufnahmeprozess selbst nur eine Woche dauerte. Danach folgten allerdings noch zwei Wochen konzentriertes Nachdenken, über das, was wir da gemacht hatten, und ob die Sachen so eigentlich gut sind.
[F]Wie konntet ihr denn bitte elf Monate Studio finanzieren?
[A]Wir haben ein eigenes, was die Arbeit natürlich erleichtert.
[F]Ach so. Habt ihr euch denn mittlerweile ausschließlich dem Musizieren verschrieben oder geht ihr noch anderen Jobs nach?
[A]Ich arbeite nebenbei als freier Mitarbeiter als Illustrator beim Fernsehen.
[F]Und wie ist eure Tour bislang verlaufen? Ihr habt ja viel in verhältnismäßig kleinen Städten gespielt.
[A]Alex von Polar Zoo hat unsere Tour organisiert. Einige Konzerte wurden zwar wieder abgesagt, aber insgesamt ist es recht gut gelaufen. Manche waren ganz gut, andere nicht so, aber wir versuchen von Gig zu Gig besser zu werden.
[F]Manche Leute meinen ja, dass Musik nach Jahreszeiten klingt. Euer Cover ist im kühlen Schwarz-Weiß gehalten und auch sonst findet man in eurem Booklet vorrangig Winterbilder. Wie seht ihr das selbst, und könntet ihr als Nachfolger beispielsweise auch ein Frühlings-Album aufnehmen?
[A]Ich glaube, ich hatte zu dem Zeitpunkt Winter zwischen meinen Ohren – deshalb ist das Album so geworden. Vielleicht wird das nächste Album farbiger, auf alle Fälle homogener. Uns wurde mehrfach gesagt, dass unsere Musik schwarz und weiß sei, deshalb ist das Cover auch so gestaltet. Allerdings sehe ich unsere Musik gar nicht als so komplex an wie die meisten Redakteure. Eigentlich ist sie sogar sehr einfach.
[F]Auf alle Fälle klingt sie "groß".
[A]Oh, "groß" ist ein schöner Vergleich. Dem würde ich zustimmen!
[F]Auch wenn Du die Musik selber nicht als kompliziert ansiehst, bin ich mir sicher, dass ihr bereits vor eurem Debüt Erfahrungen in Sachen Musik gesammelt habt. Was habt ihr vorher gemacht?
[A]Verschiedenes, teils Punk, teils Elektronik, allerdings unter einem anderen Namen. Aber den verrate ich besser nicht…
[F]Gab es denn unter dem anderen Namen schon Veröffentlichungen?
[A]Nein, wir waren eher eine Live-Band. Und so sehe ich uns heute noch immer.
[F]Und was bedeutet "JOYCE HOTEL" eigentlich?
[A]Der Name "Joyce" kommt aus einem dänischen Film, hat aber nichts mit Selbstreflexion o.ä. zu tun. Ansonsten steckt auch noch das Wort "Joy" in dem Namen, was mir gefällt, während "Hotel" eine Behausung für eine Nacht oder länger ausdrückt, wo man für eine gewisse Zeit gastiert, aber nicht bleibt.
[F]Momentan kommen ja unzählige gute Bands aus Dänemark, u.a. BARRA HEAD, LACK, DIEFENBACH, THE LOW FREQUENCY IN STEREO und TIGER TUNES. Wie erklärst du dir das, zumal Dänemark ja wirklich nur ein sehr kleines Land ist?
[A]Es scheint gerade der richtige Moment für Dänemark zu sein, wobei ich mir das selbst gar nicht so genau erklären kann, da die Kultur momentan überhaupt nicht gefördert wird.
[F]Kennt man sich denn untereinander?
[A]Mit KASHMIR sind wir beispielsweise gut befreundet, und mit DIEFENBACH gibt es auch Connections.