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JON SPENCER – Wie viel Wut braucht ein guter Song?

Wenn JON SPENCER etwas nie war, dann bequem. Seit den wilden Tagen von PUSSY GALORE hat er den Rock ’n’ Roll durch den Schredder gejagt, Blues dekonstruiert, und Trash kultiviert. Mit seiner neuen Single „Come on“ meldet sich Spencer nun solo zurück – rau, direkt und mit einer deutlichen politischen Note in Richtung Trump. Im kurzen Mail-Interview mit blueprint spricht er über die Entstehung des Songs, seinen Blick auf die Gegenwart, alte Bandprojekte und die bevorstehende Europatour. Dabei wird deutlich: in den Ruhestand können sich gerne andere begeben – JON SPENCER is still on fire.

Jon, deine neue Single heißt „Come On“ – zwei Worte, aber es klingt wie ein Schlag in die Magengrube. Was genau forderst du da ein?
Politisches Engagement. Soziale Verantwortung. Empathie. Mitgefühl. Ein Aufruf an meine amerikanischen Mitbürger, der aktuellen Regierung und ihrer faschistischen Machtübernahme Widerstand zu leisten.

Wenn man deine lange musikalische Vergangenheit betrachtet: Pussy Galore, Boss Hog, Blues Explosion, Heavy Trash … Ist „Come on“ eine Fortsetzung oder ein Abschied?
Eine Fortsetzung. Die Elemente des Garage-Punks, R’n’B, Soul und Hip-Hop der 60er sind in meiner gesamten Karriere präsent.

Du klingst wütender denn je. Was genau macht dich so wütend?
Die derzeitige US-Regierung und ihre faschistische Machtübernahme.

Das Video zu „Come on“ ist wie ein surrealer Albtraum – brennende Schilder, tanzende Skelette, Talentshow-Horror. Was war die Idee dahinter?
Es ist ein Appell an meine amerikanischen Mitbürger, aufzustehen, mitzumachen und sich zu engagieren.

Bald geht’s auf Europatour. Was erwartet uns live? Und wirst du irgendwann auch mit deinen anderen Bands/Nebenprojekten zurückkommen?
Die Leute können sich auf eine energiegeladene Rock’n’Roll-Show freuen. Ich habe derzeit aber keine Pläne, später mit anderen Bands/Nebenprojekten zurückzukehren.

Du hast deinen Sound zigmal neu erfunden. Ist’s nicht manchmal verlockend, einfach die „Hits“ zu spielen?
Nicht wirklich, ich würde sagen, dass ich mich weiterentwickle. Abgesehen davon können die Leute erwarten, bei den kommenden Shows viele meiner früheren „Hits“ zu hören.

In „Talk about the blues“ heißt es: „I don’t play no blues. I play rock ’n‘ roll.“ Was ist der Unterschied – und wer hat’s verbockt?
Wer sagt denn, dass da etwas verbockt wurde?

Glaubst du, dass Rock’n’Roll heute noch gefährlich ist?
Manchmal.

Du warst Underground, bevor es Spotify-Playlists gab. Wie blickst du auf das heutige DIY-Musikmachen – mehr oder weniger Freiheiten als früher?
Ich mag DIY. Ich bin kein großer Fan von Streaming-Diensten, die Künstler nicht bezahlen.

Was ist das Blödeste, das dir je auf Tour passiert ist?
Zu viele Beispiele, um sie hier aufzulisten.

Wird man eigentlich entspannter oder radikaler, je länger man das alles macht?
Irgendwie beides.

Zum Schluss: Wenn du die US-Nationalhymne durch einen deiner Songs ersetzen dürftest – welcher wäre es?
Würde ich nicht machen.

Hier die aktuellen Tourdaten:
10.06.25 Schorndorf, Manufaktur
11.06.25 Mainz, Schon Schön
12.06.25 Köln, Bumann & Sohn
13.06.25 Münster, Gleis 22
14.06.25 Dresden, Beatpol
15.06.25 Berlin, Lido (+ ZOON PHONANTA)
18.06.25 Hamburg, Molotow (+ ZOON PHONANTA)
19.06.25 Hannover, Café Glocksee