Meine ganz persönliche IMMERGUT Premiere hätte wohl kaum besser verlaufen können. Ok, es war nachts derbst kalt und die Badeseen hatten auch eher Trink- als Badetemperatur, ansonsten gab es aber kaum etwas zu bemängeln, sondern eher zu bestauen.
Ok, zwei kleine Beschwerdegründe gibt es noch, denn zwei meiner persönlichen Favoriten wurden viel zu früh gebracht. ROMAN FISCHER und Band eröffneten den ersten Tag, vor vielleicht 500-600 aktiven Zuschauern und TIGER LOU reisten aus Schweden an, um vielleicht 300-400 Schlachtenbummler zu erfreuen. ROMAN FISCHER, von der Presse gelobt und den Mädchen geliebt, spielte ein eher unspektakuäres Set und auch ansonsten war ich eher enttäuscht von seinem Auftritt, da er, wenn er am Klavier stand, in Richtung Wald blickte und keinen wirklichen Kontakt zum Publikum aufbaute. In sein sehr, sehr kurzes Set packte er unter anderem „bigger than now“, „what you’re gonna do“ und eine unglaublich gute Version von „spring“, allesamt auf seinem aktuellen Album „Bigger than now“ vertreten.
Darauf folgten STARS aus Kanada und ich konnte guten Gewissens das Gelände verlassen. Wenn mir eine Band gar nicht gefallen hat, dann diese mehr als peinliche Popband.
MARR eröffneten anschließend die Zeltbühne und zum ersten Mal kam Festivalstimmung auf. Wippende Füße, nickende Köpfe und der ein oder andere Springer und Surfer wurden gesichtet. Und dann ging es weiter mit TIGERBEAT, ebenfalls aus der Hansestadt. Irgendwann setzte dann bei steigender Sonnenbestrahlung das Bedürfnis nach einer Pause ein, und so mussten SOMETREE leider ohne mich auskommen, aus der Entfernung klang das aber ganz ordentlich und nicht umsonst sind sie deutschlandweit mehr als ein Geheimtipp. Bei TOMTE wurde es dann richtig voll und falls sich der eine oder andere gewundert hat: TOMTE und MARR teilen mehr als nur den Probenraum. TOMTE Thees ist wieder gut aufgelegt, und das Publikum dankt es. THE CRASH, die Band mit dem Hit aus der aktuelle ebay Kampagne (kein Scheiß! steht auf den Tourplakaten), füllten das stickig-warme Zelt, während der Genießer sich vor der Bühne auf das Highlight des ersten Tages vorbereitet: THE WEAKERTHANS. Und als sie die Bühne betraten, wusste jeder, dass sie zurecht die beste Uhrzeit bekommen hatten. Während auf Clubtouren eher die ruhigeren Lieder im Mittelpunkt stehen, wurde heute das Rockset ausgepackt. Midtempoindiepop der Extraklasse, zwar mit vielen neueren Stücken, aber immer mit allen Klassikern der alten Alben, ein sehr gelungenes Set für einen Festivalauftritt. NAKED LUNCH und BROKEN SOCIAL SCENE habe ich mir dann geschenkt, es wurde aber auch plötzlich extrem kalt und ungemütlich.
Am nächsten Morgen die große Überraschung: strahlender Sonnenschein, also Badehose raus und ab an einen der schönsten Seen Deutschlands. Die Auswahl an Badeseen sucht wohl seines gleichen und das Beste: die Badezeit ist schon mit in den Festivaltimer aufgenommen worden. Das Programm geht erst um 15:30 Uhr los, genügend Zeit zum planschen! Und ich war wirklich im Fürstensee! Es war zwar arg kalt aber bei solchen Bedingungen mit strahlender Sonne und glasklarem Wasser, da muss man einfach schwimmen.
Als die ersten Sonnenbrand-Patienten den Strand verließen, war es Zeit, zurück zum Festival zu fahren. TIGER LOU aus Schweden hatten die Arschkarte des zweiten Tages, machte aber nichts, ein sicheres Set, das wohl den einen oder anderen dazu verführen wird, am Dienstag das Album „Is my head still on“ zu kaufen. Ähnlich wie bei ROMAN FISCHER merkte man aber, dass die beiden eher Singer/Songwriter sind und die Bands noch keine festen Gebilde. So ganz passte das Timing nicht immer. Den Rest des Tages habe ich mir dann geschenkt, um mich den anderen Festivalfreuden hinzugeben. Für PHANTOM PLANET wurde BERND BEGEMANN eigeladen, der mich, glaube ich, fast so genervt hat wie STARS. Aber wenigstens wurden SEACHANGE dafür Headliner auf der Zeltbühne. Um 20:30 Uhr betraten dann die Abräumer aus Hamburg die Bühne: KETTCAR. Gewohnt sicher und perfekt spielten sie ihr Programm runter und waren selbst überwältig von den positiven Reaktionen der Zuschauer. Allerdings muss man sagen, dass WIR SIND HELDEN da viel kaputt gemacht haben. Rhythmisches Klatschen?? Wie Reimer bemerkte: „Die BAP-Fraktion im Publikum“. Naja, egal. Zum Schluß ließen sich KETTCAR sogar darauf ein, das Publikum singen zu lassen, wenn auch bei voller Bandbgleitung. In das Set mischten die Hamburger vier neue Songs, alles Hits, würde ich mal sagen. Nach einer guten Stunde war Schluß und die Gewissheit hatte gesiegt: KETTCAR sind die Helden des Festivals. Auf der Hauptbühne trat ADAM GREEN die Herausforderung an, die Stimmung bei KETTCAR zu toppen. Mit eher bescheidenem Erfolg. Natürlich kannten die Leute ihn und seine Songs und waren auch bereit, sich zu bewegen, durch seine etwas lustlose Art auf der Bühne, konnte er aber nicht wirklich überzeugen. Ohne Zugabe ging es ziemlich schnell von der Bühne. Irgendwie ein bitterer Beigeschmackt, besonders für die Leute, die extra für ihn gekommen waren. Im Zelt begannen SEACHANGE aus England ihr Set, in dem sie ein paar Blumen an die Zuschauer verteilten. Leider sind die extrem langen und teilweise krachigen Lieder sehr schwer verdaulich für einen Festivalauftritt. Dennoch machten SEACHANGE das Beste daraus und überzeugten durch ein energisches Auftreten und einen Drummer, der wohl viele Schlagzeuger im Musikgescäft in den Schatten stellt.
Für viele ein Highlight, für mich keine Option, THE NOTWIST. Ist mir einfach zu vertrackt und zu schwer zugänglich. Da sitze ich lieber noch ein wenig in der Kälte vorm Zelt beim Klönschnack.
Im nächsten Jahr werde ich mit Sicherheit wiederkommen, denn die ganze Stimmung auf dem Festival ist einfach Wahnsinn. Keine TOTEN HOSEN Fans, nur wenige Vollspacken, dafür Leute, die ihren Müll wegräumen und entspannt feiern können. Auch die Security passte sich dieser Stimmung an. Man musste zwar sogar die Mütze beim Einlass lupfen, die Männer und Frauen waren jedoch nie unfreundlich oder brutal. Gute Sache! Preislich kann wohl kein Festival hier mithalten. Bier, Cola und Essen, alles in annehmbaren Preisregionen und dann stimmte auch noch das Wetter… Musikfreund, was willst du mehr?
(jg) Ich war dieses Jahr mittlerweile schon zum dritten Mal in Folge auf dem Festival – einmal IMMERGUT, immer IMMERGUT! So war meine einzige Sorge das Wetter, zumal die Vorhersage Werte zwischen 5 und 23°C meldete und mir das ROCK AM DEICH letztes Wochenende erst mal zeigte, wie anstrengend Regen und Kälte sein kann. Und Sonnenschein gehört zum Immergut mit seinen schönen Badeseen einfach dazu. Letztendlich hätte es besser fast nicht laufen können – keine Wolke weit und breit, was soviel bedeutet wie Sonne satt am Tag, Kälte in der Nacht. Und damit lässt es sich bestens leben!
ROMAN FISCHER habe ich nur nebenbei verfolgt, aber dazu hat Olli ja schon alles gesagt. Die STARS haben mir zunächst auch nicht besonders gefallen, bis dem Bassisten eine Saite riss, der Sänger daraufhin das Set unterbrach und überlegte, dass man bei der zweiten Strophe wieder einsteigen könnte. Das war sympathisch, sehr LoFi, und erinnerte an letztes Jahr als bei MONDO FUMATORE plötzlich der Strom weg war. MARR rockten das Zelt anschließend unglaublich gut. Kein Wunder – „Express and take shape“ ist ein tolles Album, kraftvoll und catchy, und die Jungs wissen, wie man sich passend dazu bewegt. Mein nicht mehr so ganz geheimer Tipp des ersten Tages!
TIGERBEAT hatte ich bislang immer verpasst, nicht so heute Abend. Wow, die Jungs, sind die deutsche Reinkarnation des Rock & Roll! Insbesondere Sänger und Gitarrist Frehn Hawel hatte die passende Stimme und war sich auch nicht zu schade, ein kitschiges schwarzes Hemd mit roten Äpfeln und roter Borte zu tragen. Hinzu kommt ein abwechslungsreiches, straightes Gitarrenspiel, die obligatorischen Fender Rhodes, und DANKO JONES können ihre Sachen zusammenpacken! SOMETREE haben mich anschließend zwar nicht mehr so umgehauen, wie noch vor zwei Jahren, als ich sie auf dem IMMERGUT zum ersten Mal überhaupt gesehen und gehört hatte, aber ihr Gig war trotzdem solide und kam auch beim Publikum gut an. TOMTE bewiesen auf der Hauptbühne anschließend bereits Headlinerqualitäten, auch wenn Thees heute überraschend nüchtern war. Dennoch gewohnt gut!
Während THE CRASH besorgte ich mir erst mal eine Jacke aus dem Zelt und war pünktlich zu den WEAKERTHANS wieder zurück. Wie Olli schon schrieb, gab’s diesmal etwas mehr Rock als sonst. Insgesamt zwar wenig Neues, aber trotzdem und wie immer wunderschön. Da während BROKEN SOCIAL SCENE die Zahl der vertilgten Biere mit der Anzahl der Musiker auf der Bühne korrelierte, kann ich über ihren Auftritt leider nicht mehr viel sagen. Ich glaub, mir hat’s gefallen.
Der nächste Tag startete dann auch erst nach Mittag, vorher war die Welt einfach noch zu schnell für mich. Ich wollte eigentlich an den Baggersee, stieg aber in den falschen Zug und landete beim Hafenfest. Ich hätte ja gedacht, dass dieses Wochenende das Immergut DAS Highlight in Neustrelitz ist, aber ich denke, auf dem Hafenfest war nicht weniger los. Viel Kinderprogramm, diverse Bratwurst- und Bierbuden und irgendwo gab’s auch noch ’ne Bühne mit einem Songwriter à la Reinhard Mey. Da ich heute aber noch genug Trubel um mich haben würde, zog es mich an den angrenzenden See, wo ich mir einen einsamen Steg suchte und die Ruhe und das gute Wetter genoss.
TIGER LOU und TELE wurden deshalb auch glatt verpasst, und während POROUS und DELBO zogen wir es noch vor, etwas fürs leibliche Wohl zu tun, und schmissen erst mal unseren 4,95 €-Grill an. Lecker war’s.
Gut gestärkt erreichte ich dann auch pünktlich zu TOBACCO das Festival-Gelände. Ich hatte irgendwann mal ein Video von denen gesehen, dass mir auch ziemlich gefallen hat, aber heute fand ich die READYMADE-Members-Band ein wenig zu lasch. Als nächstes dann mal schauen, wie sich PHANTOM PLANET-Ersatz BERND BEGEMANN auf der Hauptbühne so schlägt. Aber leider war heute alles anders als vor zwei Jahren. Damals hatte er das Zelt unterhalten, und er hat es wirklich unterhalten! Auf der Hauptbühne war die Stimmung dagegen eher mau. Der Mann ist für die kleinen Bühnen und Stand-Up Comedy gemacht, und außerdem war er diesmal mit seiner Begleitband DIE BEFREIUNG da, so dass der Unterhaltungsfaktor zugunsten der Musik in den Hintergrund trat. Da in den wenigen Zwischenparts zudem die Ansagen der letzten Jahre wiederholt wurden, stellte ich mich lieber in die lange Schlange für ein kühles Eis an.
SEAFOOD fielen, wie gestern THE CRASH, der Ausstattung mit wärmerem Equipment zum Opfer, aber pünktlich um halb neun ging es dann mit KETTCAR auch wirklich los. Das Set war zwar ähnlich, wenn nicht sogar identisch mit dem des ROCK AM DEICHs, aber der Auftritt war dennoch um Längen besser. Was nicht zuletzt an der Spielfreude der fünf Hamburger lag. Keine Ahnung, wie oft sie das Publikum für den Applaus lobten und das Festival an und für sich, aber wenn Markus und Reimer anfangen zu schwärmen, klingt es immer so authentisch, dass man unweigerlich mitfühlt – ähnlich wie bei ihrer online Radioshow.
LALI PUNA sorgten anschließend im Zelt für eine heimelige Stimmung. Großartiger Pop, aber wer auf Weilheim wartete, wartete natürlich schon ganz ungeduldig auf eine andere Band. Und wer sich noch ein wenig umschaute, konnte Michael Acher neben dem Zelt beobachten, wie er seinem Bruder zusah. Ja, ja…
Der im Anschluss daran folgende ADAM GREEN ging mir dagegen so was von auf den Senkel. Klar, der Junge hat seine Fans, aber genau das weiß er, und so gibt er sich auch wie die Überheblichkeit in Person. Nett zu wissen, dass er zu Interviews auch nicht hinter die Bühne sondern ins Hotel lädt. Zugabe gab’s nicht, was mir Recht war, da ich mit (Anti-)Folk eh nicht viel anfangen kann. Tut mir leid, Fans, aber ich mag auch die MOLDY PEACHES nicht.
Bei SEACHANGE war auch ich vornehmlich vom Schlagzeugspiel begeistert, wobei den Songs meiner Meinung nach ein wenig die Melodien fehlen. Dennoch nicht verkehrt, und so wurden sie auch dem weiter aufgerückten Platz im Billing durchaus gerecht.
Zum Abschluss des Festival auf der wirklichen Headlinerposition dann endlich: THE NOTWIST. Die Umbaupause und der Soundcheck dauerten ewig, aber dann ging’s endlich los – ganz unspektakulär mit einem neuen Song, bestehend aus Akustik-Gitarre und Gesang. Superschön. Es folgten viele Songs von „The neon golden“, aber auch einige alte Stücke, wo man sich wunderte, wie die Herren noch dermaßen rocken. Ganz so jung sind sie ja auch nicht mehr. Bekannte Stücke wurden teilweise improvisiert, durch Samples abgewandelt oder endeten in einem einzigen Soundfiasko. Dem regulären Auftritt folgten noch zwei Zugaben bis man sich schließlich glücklich in seinen Schlafsack kuscheln konnte und mal wieder darauf hofft, dass die nächsten Jahre so schön werden wie die letzten. Und das werden sie sicherlich!