Hier ist wieder eine von diesen kleinen Indie-Bands mit den verträumten und meist wohlklingenden Bandnamen, bei denen man im ersten Augenblick nicht weiß, ob sie reine Fantasiewörter sind, aber im selben Moment schon vermutet, dass sich doch etwas mehr an Bedeutung dahinter verbirgt. Ein schneller Blick in die Wikiklopädie schafft auch hier Aufklärung. Und natürlich. So abwegig war es gar nicht. IKARIA ist eine griechische Insel, nämlich genau die sagenumwobene Insel, auf der Dädalus seinen Sohn Ikarus beerdigt haben soll. Ihr wisst, das ist der, der abgestürzt ist, weil er zu nah an der Sonne geflogen ist.
Und wenn ich „diese kleinen Indie-Bands“ schreibe, dann ist das in den meisten Fällen wie auch in diesem alles andere als despektierlich gemeint, sondern vielmehr als großes Kompliment zu verstehen. Denn dieses Debüt-Album ist wunderschön und auf eine Weise aufregend, wie es meist nur Debüt-Alben sein können.
Schön ist, wenn in beiliegenden Promo-Zetteln, wie dem zu dieser Platte, einmal kein Unsinn steht, doof hingegen, wenn der dort formulierte Text im Groben schon das vorweg nimmt, auf das ich gern selbst gekommen wäre. Von Popmusik ist da die Rede, von Vermeidung gängiger Songstrukturen, von Post-irgendwas, von Berlin und Chicago und von Gegensätzen, die keine mehr sind.
In meinen Worten klingt das so: IKARIA halten sich dort auf, wo sich verträumte Popmusik und Post-Rock treffen. Ihre Musik ist vielfach von interessanten Wechseln durchzogen, bleibt aber dennoch zu jeder Sekunde nachvollziehbar. Das klingt an manchen Stellen wie eine englischsprachige Version von DELBO, hier ist insbesondere „To give“ zu nennen, nicht selten gelingt es sogar, eine zugleich harmonische und doch merkwürdig entrückt wirkende Atmosphäre zu schaffen.
Sie sind melodieverliebt bis über beide Ohren, und selbst, wenn sie die Zügel mal etwas lockerer lassen und man, wie man es von vielen anderen Bands gewohnt ist, einen kräftigen Ausbruch erwartet, so klingt dieser bei IKARIA immer vornehm zurückhaltend. Und nicht zuletzt hieraus bezieht diese Platte ihre Spannung, vieles wird angedeutet, aber längst nicht alles gesagt. Sie behalten stets die volle Kontrolle, alles klingt zu gleichen Teilen nach Geschehen-lassen und minutiös durchgeplant, und besonders im letzten Song muss ich des öfteren an einen DAVID GRUBBS denken, dem dies in der Vergangenheit schon des öfteren bravourös gelungen ist.
Den letzten Satz des genannten Info Blattes möchte ich zum Abschluss wörtlich zitieren: „…ohne dass man es merkt, findet man sich in ihrer Musik wieder, und kann nichts dagegen tun.“
Es stimmt. Weiter machen!