Eine gute Live-Band bedeutet noch nicht zwangsläufig eine gute Liveplatte.
Aufmerksam geworden auf IDLES bin eines Nachts, als der Fernseher lief und ich zufällig beim WDR Rockpalast gelandet bin. Was ist das denn für eine beschissene Band, wo der Bassist ewig lange auf einem Ton bleibt, auf dem Schlagzeug nichts als Kantenschläge passiert und der Sänger entweder schief singt oder etwas Unverständliches labert? Gleich mal weitergucken. Ich mache sowas ja ganz gerne: gute Sachen weitergucken, schlechte Sachen ebenso. Man muss sich schließlich ja auch merken, welche Bands doof sind. Doch je länger ich den Auftritt nebenbei verfolgte, umso mehr begeisterte mich die Band, die mich anfangs noch so genervt hat. Wütende Zeitgenossen, insbesondere der bärtige Sänger, aus dem Postpunk entliehene Gitarrenmelodien, noiserockige Basslines, das alles mit einer Streetpunk-ähnlichen Mitgröl-Attitüde versehen. Es handelte sich um IDLES, nicht ganz unähnlich der ebenfalls britischen Band SHAME, deren Debütalbum ich im letzten Jahr rauf und runter gehört habe.
Von den Livequalitäten von IDLES schwärmte mir ein guter Freund schon seit langem vor, ich konnte nun durchaus nachvollziehen, was er damit meinte. Doch scheinbar kann man diese Energie und das Angepisstsein nur schwerlich auf einem Tonträger einfangen. Was auf Video vielleicht noch einigermaßen gelingt, scheitert dann doch auf CD. Die musikalische Ausrichtung bleibt natürlich ähnlich wie auf den offiziellen Alben, der zornige und kompromisslose Sound leidet aber unter der wilden Performance. Dass es IDLES auch um das Anprangern gesellschaftlicher Missstände und die Offenlegung von sozialer Ungerechtigkeit geht, kann man vielleicht auch daran erkennen, dass man bewusst das Konzert aus dem symbolträchtigen Pariser Bataclan ausgesucht hat. Zum Hören daheim würde ich die Studioalben uneingeschränkt empfehlen – die Konzerte sollte man sich stattdessen aber besser live und nicht auf Platte geben.