HELL ON WHEELS kommen aus Schweden, und “The odd church” ist bereits das vierte Album der Band. Im andauernden Skandinava-Rock-Boom scheint das jedoch wieder mal niemand so recht mitbekommen zu haben. Und das ist, um es einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, eine kleine Schande!
Die klassische Gitarre-Bass-Schlagzeug-Besetzung erhielt den verbalen Ritterschlag von Radio-Ikone John Peel nicht umsonst: wer das schlampige Sixties-Pop-Gerumpel von YO LA TENGO zu schätzen weiß, bei MOJAVE 3 zu viele Geigen im Himmel ortet und beim Durchscrollen des Genres „Indie“ auf dem iPod einen wunden Daumen bekommt, könnte mit HELL ON WHEELS ein neues Zuhause finden.
Songs wie „alexandr“ oder „as we play“ möchten spontan betanzt und durch die Wand in voller Lautstärke mit sämtlichen Nachbarn geteilt werden. Rotzige Gitarren rempeln gegen den traumhaften Gesang von Rickard Lindgren und seinem weiblichen Counterpart Åsa Sohlgren, beim schönen „tuesday“ darf auch mal entspannt Luft geholt werden – grundsätzlich regieren auf „The odd church“ jedoch Uptempo Rock, Feelgood-Melodien und chromatische Rückungen.
Mein persönliches Highlight „handing over your heart“ schafft einen absonderlichen Spagat zwischen den Lärmwänden von MY BLOODY VALENTINE und dem Verdacht, MORRISSEY hätte beim Komponieren kurz vorbeigeschaut. Knapp über der Fünf-Minuten-Grenze walzt sich der Song durch kleine Gefühlswelten, gönnt sich instrumentale Eruptionen und lässt allen Stärken des Trios den nötigen Raum, bevor das Album mit „frozen state“ und der bezeichnenden Textzeile „It seems like my trip is never gonna be complete“ gemächlich ausklingt.
Noch im Oktober ist die Band auf Europa Tour, und wenn ich spontan ausgedehnte Feedback-Improvisationen und Bühnenintensität assoziiere, liege ich sicher nicht völlig daneben.
Ein schönes Album, welches den eindringlichen Beweis dafür liefert, dass die weißen Flächen zwischen Breitbeinrock und Singer/Songwriter-Ambitionen in Schweden langsam aber sicher ausgemalt werden. Und zwar farbig.