Am 09. Mai erschien mit „Elixirs“ das neue Album des Londoner Duos GUAPO, ein vergleichsweise ruhiges, aber die Vielseitigkeit der Musiker wieder bestätigendes Werk. „Elixirs“ verlässt zwar die bisherigen GUAPO-Pfade, doch da die Alben schon immer sehr unterschiedlich waren, reiht das Album sich wieder ein in die Kette des Unvorhersehbaren der Band. Dabei entpuppt „Elixirs“ sich als ein besonderes Hör-Buch der Geisterstimmen, Feengesänge und den arglosen Zuhörer ergreifenden, akustischen Bannkreise.
„Elixirs“ ist das sechste Studioalbum des Duos GUAPO (was im Spanischen soviel wie „hübsch“ bedeutet), bestehend aus Daniel O’Sullivan (u.a. Piano, Bass, Gitarren, Synthesizer, Harmonium, Vocals) und David J. Smith (Percussion, Drums). GUAPO zeichnen sich vor allem aus durch ihre Experimentierfreudigkeit und musikalische Offenheit. Unterstützung bekommen sie auf „Elixirs“ von der SWANS-Sängerin Jarboe, der Violinistin SARA HUBRICH und dem Experimental Folk-Künstler und Freund O’Sullivans, ALEXANDER TUCKER.
Es lässt sich nicht leugnen, dass „Elixirs“ eine gute Reisebegleitung für einen abgefahrenen Pilztrip sein könnte – dass die Musiker aber ihre Ideen aus irgendwelchen Drogenerlebnissen ziehen, ist stark zu bezweifeln. Dafür ist ihre Musik zu konzentriert, zu wenig abgehoben und ihre ganze Spielweise zu ernsthaft. Qualitativ bedeutet dies für das Album natürlich eine Aufwertung, GUAPOs Musik wird sinntragend, Bedeutungsfragen sind gerechtfertigt und drohen nicht in zugedröhnten Sackgassen lächerlich zu werden.
„Elixirs“ ist ein Konzeptalbum, stilistisch von den einzelnen Stücken bis zum hochwertigen Booklet aufeinander abgestimmt. Insofern ist die Beschreibung „Reisebegleitung“ auch untertrieben, denn „Elixirs“ ist selbst eine Reise, die in ihrer Intensität und Wirkung auf dem Musikmarkt nach ihresgleichen sucht.
Schon im Eingangsstück „Jeweled Turtle“ geht eine elektrisierende Gruselatmosphäre à la Geisterschiff einher mit psychedelischen Klängen, die scheinbar auf Räucherstäbchen-Rauchschwaden Richtung Orient schweben. Wo man sich in diesem Stück thematisch noch bei den Dandys des 19. Jahrhunderts zu befinden glaubt, die mit allerlei morgenländischen, bewusstseinserweiternden Elixieren experimentierten und sich dabei fantastische Geschichten erzählten, entführt „Arthur, Elise And Frances“ musikalisch in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Der frühe MILES DAVIS, KING CRIMSON und auch etwas vom Kompositionsgenie FRANK ZAPPA kommen im rockigen und psychedelischen Jazz dieses zweiten Stückes zum Vorschein.
Doch die musikalische Reise geht weiter, sie gleitet zeitlich über das Mittelalter, räumlich über den fernen Osten Asiens, musikalisch über Anklänge an MAGMA, POPOL VUH, THIS HEAT, BOREDOMS, GRAILS und MIASMA und findet dazwischen immer noch zur eigenen Tonlage GUAPOs zurück. Diese „Band“ ist nicht nur vielseitig, sondern sie macht auch den seltenen Eindruck, dass die Beschäftigung mit Musikgeschichte Teil ihrer Klanggenese gewesen sein könnte.
Was sind aber die Elixiere, von denen der Albumtitel spricht? Sind es die Perlen der Musikgeschichte, an die wir uns erinnert fühlen? Ist es die einsaugende Eigenschaft der Musik, die, wie die „Elixiere des Teufels“, Macht über unseren Geist ergreifen will? Vielleicht ist aber auch die Musik selbst gemeint, die uns zu unseren eigenen düsteren Abgründen führt und uns darüber schweben lässt, um uns dann auf einem fliegenden Klang-Teppich ans Meer zu tragen? Es sind dann die Elixiere unserer eigenen Fantasie, der wir uns hingeben, wenn wir GUAPOs „Elixirs“ unsere Aufmerksamkeit schenken.