Casting-Shows boomen ja zur Zeit, was das Zeug hält, und man hat so den Eindruck, dass da auch kein Ende in Sicht ist. Ob SSDSDSSWEMUGABRTLAD, die TV Total-Alternative zu „Deutschland sucht den Superstar“, da jetzt komplett anders ist, sei erst mal dahingestellt, fest steht jedenfalls, dass die teilnehmenden Musiker bei Stefan Raab ein paar mehr Freiheiten genießen, indem sie beispielsweise eigene Songs vorstellen können. Und sie werden auch vom Styling und Auftreten her nicht wie bei dem RTL-Pendant in komplett andere Menschen verwandelt. Diesbezüglich liegen die Sympathie-Punkte ganz klar auf Seiten von Pro Sieben. Aber ist die Musik am Ende tatsächlich besser und langlebiger als bei Bohlen und Co, oder handelt es sich bei den Gewinnern nicht ebenfalls um Eintagsfliegen im Big Popbusiness? Letzteres wird sich zeigen, hier zwei kurze Einschätzungen zu den just veröffentlichten Tonträgern der beiden Finalisten:
GREGOR MEYLE – „So soll es sein“
Gregor Meyle hatte von Beginn an die Sympathie-Punkte ganz klar auf seiner Seite. Nicht nur, weil er ausschließlich selbstkomponierte Songs vorstellte und gleichzeitig Gitarre spielte, der Typ war auch einfach angenehm unprätentiös. Nach dem Erreichen des Finales, antwortete er, wenn ich mich recht entsinne, auf die Frage, was er am selbigen Abend noch machen wolle: „Einfach nur nach Hause gehen und schlafen.“
Für den Sieg reichte es dann zwar nicht ganz, nichtsdestotrotz erscheint nun mit Unterstützung des Senders sein Debüt-Album „So soll es sein“, das stellenweise gar nicht so weit von Bands wie JUNGES GLÜCK und CLICKCLICKDECKER entfernt ist. Aber leider gibt es auch derbe Schmachtfetzen wie den Violinen-begleiteten Titelsong, der mit den Zeilen „Ich will zurück zu Dir, doch ich weiß, es ist zu spät“ ganz arg in Richtung Schlager tendiert. Insgesamt super produziert, kann der Zweitplatzierte mit einer warmen Stimme und gutem Songwriting durchaus überzeugen, die meisten Texte und Songs sind mir aber doch bei weitem zu poppig ausgefallen. Aber mit meiner Schwester hat sich schon eine interessierte Abnehmerin gefunden.
http://www.gregor-meyle.com
STEFANIE HEINZMANN – „Like a bullet“
Unsympathisch war auch die Siegerin aus der Schweiz nicht, was vor allem an ihrer Schüchternheit, ihrem „Gefühl für Musik“ und nicht zuletzt an ihrer kräftigen Stimme lag, die man dem zierlichen Mädchen gar nicht zugetraut hätte. „My man is a mean man“ kennt man mittlerweile ja aus allen Radio-Stationen, mit „Like a bullet“ folgt nun die zweite Singleauskopplung. Zusätzlich gibt es hier noch eine Instrumental-Version von dem Song (für den Karaoke-Abend?), sowie zwei Bonus-Tracks. Da die musikalische Richtung bei der Schweizerin vor dem ersten Album ja noch nicht feststand, orientierte man sich offensichtlich an derzeit angesagten Acts wie AMY WINEHOUSE, AIMEE ANNE DUFFY und ADELE ADKINS, die den Motown und Soul der Sechziger neu aufleben lassen und gut verkaufen. Nur geht das Endergebnis in diesem Fall dann doch mehr in Richtung Funk & Soul der Siebziger mit einer Prise Jazz und kommt ausgesprochen glatt produziert rüber. Ecken und Kanten sucht man hier leider vergeblich, stattdessen findet man für meinen Geschmack leider zu viel Vibrato in der Stimme. Auch songwriterisch können die Songs nicht gleichermaßen überzeugen wie die erste Single, die doch einen gewissen Hitcharakter hatte. Nichtsdestotrotz verleiht die markante Stimme von Stefanie Heinzmann dem ganzen eine persönliche Note, und so wird sicherlich auch die zweite Single ihre Abnehmer finden.
http://www.stefanie-heinzmann.de