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FEINE SAHNE FISCHFILET – Bleiben oder gehen

Wenn eine deutschsprachige Punkband in den letzten Monaten einen steilen Karrieresprung hingelegt hat, dann wohl ohne Zweifel FEINE SAHNE FISCHFILET. Die couragierte Truppe aus der Einöde Mecklenburg-Vorpommerns gehörte spielerisch zwar nie zu den Top-Adressen der deutschen Punk-Szene, trifft mit ihren aussagekräftigen Texten und ihrem rustikalen Charme aber mitten ins Herz ihrer Hörer und hat mit Audiolith praktischerweise ein Label im Rücken, mit dessen Hilfe sie auch bei Hörern außerhalb der typischen Deutschpunk-Nische die nötige Aufmerksamkeit erfährt. Dass diese Kombination letztendlich mittelfristig zu einer gewissen Wechselwirkung und somit auch zu einer Weiterentwicklung des Sounds führt, war folglich abzusehen. Und in der Tat: Wenn man sich ihr neues Werk „Bleiben oder gehen“ anhört, möchte man FEINE SAHNE FISCHFILET am liebsten in die geräumige Indie-Schublade stecken, denn mit Ausnahme weniger geradliniger Powerchord-Klopper wie „Es bleibt beim Alten“ oder „Nur Applaus“ hat das neue Material mit Punkrock im traditionellen Sinne nicht mehr allzu viel zu tun. Die Gitarren schrammeln oftmals nur noch clean oder angezerrt, die Melodien rücken stärker in den Mittelpunkt, und mit „Warten auf das Meer“ sowie „Ruhe“ haben auch zwei Akustikstücke den Weg auf das Album gefunden. Ihre wichtigsten Trümpfe haben FEINE SAHNE FISCHFILET jedoch behalten: Die Refrains sind immer noch griffig, die Trompeten-Hooklines sitzen besser denn je, und nach wie vor nimmt Sänger Monchi kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, eine klare Stellung gegen Repression, Neonazis und institutionalisierten Rassismus zu beziehen. Wer will sich da noch mit Diskussionen aufhalten, ob Lied X ein paar bpm mehr vertragen würde, oder ob Lied Y ein wenig mehr Distortion vielleicht doch gut zu Gesicht stünde? Ich jedenfalls nicht, und wenn ich ehrlich bin, gehört der eher unkonventionelle Song „Wut“, bei dem die Rostocker Polit-Rapper von WAVING THE GUNS für einen Gast-Rap gefeatured werden, sogar zu meinen persönlichen Highlights des Albums. Dort heißt es übrigens an einer Stelle eindeutig zweideutig: „Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt“. Das trifft hoffentlich auch auf den nächsten Plattenladen zu. Ihr wisst, was ihr zu tun habt! Bezüglich des Plattenladens, meine ich…

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.