Vor einiger Zeit habe ich mich mit einem Freund darüber unterhalten, wie schwierig es sein kann, auf gute Bandnamen zu kommen, da so vieles schon vergeben ist, es aber umgekehrt manchmal erstaunlich ist, welche Namen dann eben lange Zeit noch nicht besetzt waren. Ich sag nur: MESSER.
Hier jetzt: DISPO. Auch nicht schlecht. Ein Name, wie er einer Band deren ästhetischer Ansatz sich unverkennbar auf die Post-Punk-Ära der BRD der frühen Achtziger Jahre bezieht, als die NDW noch nicht im TV lief und marketinggerecht über die Formel „Ich will Spaß“ jeglichen kritischen Inhalten und unbändiger Kreativität entkleidet worden war, kaum besser geeignet sein könnte.
Und auch von der musikalischen Ästhetik dieses auf 100 Stück limitierten stilecht als 4-Song-Tape produzierten Demos wird man den Eindruck nicht los, dass DISPO die kulturelle Attitüde dieser Zeit so dermaßen verinnerlicht haben, dass sie in der Lage sind, eine fast perfekte Illusion zu schaffen: DISPO klingen mitunter als wären sie 1981 direkt aus dem Ratinger Hof gefallen und gestern im Proberaum in Münster wieder wach geworden. Damit ist jedoch weniger das Kopieren von konkreten Bands gemeint, als die musikalische Reproduktion eines generelleren ästhetischen Geistes. Die Gewichtung und Funktion der einzelnen Instrumente – Bass, Schlagzeug, Gitarre, Keys – in Kombination mit den Vocals von Sängerin Delta lässt an die großartigen X-MAL DEUTSCHLAND denken, auch IDEAL kommen in den Sinn.
Mit den genannten Bands verbindet sie zudem eine unterkühlte, manchmal fast künstlich wirkende Atmosphäre. Trotz des spürbaren Unbehagens in den Songs sind diese jedoch gleichzeitig von einem versteckten Popappeal gekennzeichnet, der Songs wie „Sonne“ oder meinen persönlichen Favoriten „Gespenster“ mit der Zeit zu echten Hits heranwachsen lässt.
Schön auch der beiliegende Info-Zettel der Band, handgeschrieben auf Briefpapier des Investor Circles eines großen Bankinstituts. Bei diesem Demo stimmt einfach ganz viel und es ist schon fast beängstigend, dass DISPO diese Songs bereits nach wenigen gemeinsamen Wochen im Proberaum aufgenommen haben. Das einzige, was ihnen eventuell vorgeworfen werden könnte, ist, dass ein so perfekter Verweis mitunter Gefahr laufen kann, kalkuliert zu wirken. Aber das interessiert mich gerade nicht. Ich verwische den Grauschleier und warte gespannt auf das Album.