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DIE VISITOR – Der erste Stein

 
 
Der erste Gedanke, der sich mir bei dieser Veröffentlichung aufdrängt, lautet: Handelt es sich hier um eine Oi!- und Deutschpunk-Persiflage, oder ist das, was auf „Der erste Stein“ zum Besten gegeben wird, tatsächlich ernst gemeint? Diese Frage ist für die finale Bewertung dieses Tonträgers nicht ganz unwichtig, denn sie entscheidet letztendlich darüber, ob man DIE VISITOR in einer Schublade mit MÜLHEIM ASOZIAL, KOTZREIZ und OIDORNO, oder doch eher in einer Liga mit ATEMNOT, SCHLEIM-KEIM und SMEGMA einordnen sollte. Was die Texte betrifft, so liegt der Vergleich zu letzterer Kategorie auf jeden Fall näher: Es geht um „Punks & Skins united“-Verklärung, Straßenschlachten sowie der nicht ganz widerspruchsfreien Ablehnung von Politik und Extremisten jeglicher Couleur bei einer gleichzeitigen Kampfansage gegen Nazis, Tierversuche und Kapitalismus. Auch das eigenmächtige Unterbringen eines „FSK ab 18“-Freigabesiegels im pixeligen Artwork der mir vorliegenden Promo-Version entpuppt sich bei genauerer Betrachtung entweder als missglückter Witz oder als billige Effekthascherei, denn dieses Siegel findet in der Realität ausschließlich bei audiovisuellen Medien wie Filmen oder Musikvideos Verwendung, während die Indizierung von reinen Tonträgererzeugnissen durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (und in der Regel auch erst nach der Veröffentlichung des entsprechenden Tonträgers) erfolgt. Eingebettet in pogotauglichen 3-Akkorde-Punk bleibt somit unterm Strich ein Album, das aus meiner Sicht leider mehr Fragen offen lässt als beantwortet.
 

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.