Es ist 7 Uhr morgens, Pfingstmontag. Was um alles in der Welt mache ich um diese Uhrzeit an einem anderen Ort als meinem Bett?? Nein, ich komme nicht gerade nach Hause – ich bin gerade aufgestanden, um 430 km in Richtung Köln zu fahren und das alles nur für ein Konzert. Aber es ist ja nicht irgendein Konzert, sondern die Deconstruction Tour 2004, einen Tag lang Punkrock ohne Ende, leider wieder nur weit, weit weg von Hamburg.
In Köln angekommen der erste Aufreger: kein Mensch am Tanzbrunnen, die Veranstaltung wurde scheinbar kurzfristig ins E-Werk verlegt, also auf ins E-Werk. Leider ist der Laden nur eine Halle, also nichts mit Open-Air Feeling. Obwohl, naja, das Wetter in Köln ist schlechter als das in Hamburg.
Scheinbar wussten viele nichts von der Verlegung, man fing aber dennoch pünktlich an. Deswegen konnte ich THE MOVEMENT nicht komplett bewundern. Die drei Dänen, die zuweilen stark an die MIGHTY MIGHTY BOSSTONES erinnern, tobten in Anzügen über die Bühne, das Publikum (vornehmlich U20) stand eher still und schaute zu. Schade eigentlich, vermutlich wollte man sich nicht gleich bei der ersten Band verausgaben. THE MOVEMENT sind leider nicht so bekannt, dass es reicht, eine Halle zum Kochen zu bringen, und wenn die Songs nicht bekannst sind, gehen die Leute viel zu wenig mit.
STRIKE ANYWHERE, die Band, die ständig auf Tour ist, musste als zweites ran, komisch eigentlich. Denn die Reaktionen des Publikums zeigten, dass sie doch einige Fans auf ihren Touren gewonnen haben. Egal, 30 Minuten und Schluß.
YELLOWCARD, in der Staaten schon ein großer Fisch im Poppunk-Teich, durften danach die Bühne betreten. Eigentlich eine gute Vorstellung, viel besser als ich es erwartet hatte. Nur der Geiger, der über die Bühne hüpft als wäre er dem Cotton Eye Joe Video entsprungen hat tierisch genervt, und diese Ansagen…. Man, man, man.
WATERDOWN, einziger deutscher Vertreter auf der Tour, spielten dann das E-Werk leer. Muss man einfach so sagen. Weniger Leute waren bei keinem Act in der Halle. Ich konnte auch nicht wirklich etwas mit den Jungs anfangen, erinnerte mich alles zu sehr an die dunkle Crossover-Zeit in Deutschland, gepaart mit LINKIN PARK und Konsorten.
MXPX, ohne neues Album mit auf Tour, waren dann einer der Abräumer. „Responsibility“ als Opener, und die Menge war begeistert. Der Klassiker „punk rock show“ zum Schluß, und alle waren glücklich. Außer, dass es zu kurz war natürlich. Zwischenzeitlich traten MXPX als Quartett auf, vielleicht werden die neuen Songs ja alle mit zusätzlicher Unterstützung sein, wer weiß es.
PULLEY und 1208, beide auf Epitaph und in den Staaten ziemlich bekannt, hatten auf der Deconstruction Tour keinen guten Stand. Vielleicht weil sie einfach zu eintönig und zu arrogant rüberkamen. PULLEY auf Platte waren früher eigentlich immer eine nette Sache, aber heute… Ich weiß nicht, vielleicht ist diese straighte, unspektakuläre Art des California-Melodic-Punk einfach durch.
Das gab einem aber auch die Möglichkeit, mal zu schauen, was die Skater und Biker in der Halfpipe machten. Ahja, üben ;). Die Contests sind irgendwie an mir vorbeigegangen, was vielleicht an der äußert ungünstigen Position der Pipe liegen mag.
Was die beiden Bands vorher versäumten, holten ANTI-FLAG dann nach. Und ich würde mal so sagen, bei PENNYWISE war die Stimmung auf keinen Fall besser, maximal gleich. Mit „turncoat“ aus unzähligen Kehlen ging es los. Aber was mich irgendwie gewundert hat, war die Art wie die Mannen um Justin sich heute präsentierten. Eine Kamera direkt vor seinem Gesicht, ok, nicht das ganze Set, aber dieser Kameramann war während des ganzen Tages schon sehr unangenehm aufgefallen, sowie die doch reichlich vielen Ansagen zu Unity störten irgendwie. Nichtsdestotrotz waren ANTI-FLAG meine Favoriten, auch weil sowohl alte als auch neue Songs gleichermaßen Berücksichtung fanden und ich sie eh als Live-Band schätzen gelernt habe.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mir THE SLACKERS wegen allgemeiner Ermüdungserscheinungen geschenkt habe. Wenn irgendwer sie gesehen hat, kann er mir gerne ’ne Mail schicken wie sie waren.
Beim Headliner PENNYWISE wurde mir dann klar, warum ich 1995 aufgehört habe, ihre CDs zu kaufen. Sie sind mir einfach zu gleichförmig und eintönig. Und ihr größter Hit „bro hymn“ ist schließlich auch schon sehr, sehr alt. Was mich auch gewundert hat war, dass sie eine Coverversion von OUTCAST spielen und zudem noch „blitzkrieg bob“. Die Ansagen, mein scheinbar größtes Problem an diesem Tage, waren auch hier eher der prolligen Art. Und immer schön den Mittelfinger erheben, damit die Kids auch brav das T-Shirt kaufen…
Ach was soll’s. Die Musik war gut, die Fahrt hat sich gelohnt und das ist, was zählt.