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D.O.A. – Je oller, desto doller!

Eigentlich müsste Demographie-Forschern bei einem Blick auf die kanadische Punk-Szene Angst und Bange werden: Während Bands wie NOMEANSNO oder SNFU langsam aber sicher schon mal die Punkrocker-Rente beantragen können und selbst PROPAGANDHI stramm auf ihren 25. Geburtstag zumarschieren, tauchen im Gegenzug kaum neue Bands auf, die außerhalb Nordamerikas dauerhaft Fuß fassen können. Und dann kommt zu allem Überfluss auch noch mit D.O.A. die seit 1978 bestehende, dienstälteste Punk-Band Kanadas zu uns auf Tour – wo soll das bloß alles enden?! Um mir selber ein Bild von der bedrohlichen Lage zu machen und zu überprüfen, ob der kanadische Punk wirklich dem altersbedingten Untergang geweiht ist, entschloss ich mich also, den Herren bei ihrem Zwischenstopp in Hamburg einen kleinen Besuch abzustatten…
Pünktlich mit meinem Eintreffen brachten aber zunächst CEO das Publikum im Molotow auf Betriebstemperatur. Das Trio aus Hamburg spielt schönen, wunderbar altmodisch klingenden Punkrock, der grob Richtung 77er-Sound geht, aber auch einen leichten Modpunk-Einschlag hat und zumindest in den Refrains auch mal kurz mit dem Streetpunk-Genre liebäugelt. Lediglich der kratzige und nicht wirklich durchsetzungsfähige Sound des 15 Watt-Transistorverstärkers des Gitarristen schmälerte ein wenig das Hörvergnügen, ansonsten ein sehr solider Auftritt der mir bis dato unbekannten Band.
Als dann das kanadische Punk-Urgestein Joey „Shithead“ Keithley mit seinen Mitstreitern die Bühne betrat und mit „We´re drivin to hell in back“ das Set eröffnete, war der gemütliche Kellerclub mit geschätzten 120 Leuten für einen Montagabend recht gut gefüllt und D.O.A. fühlten sich sichtlich pudelwohl auf der Bühne. Mr. Shithead scheint geradezu mit seiner Gitarre verwachsen zu sein, denn es ist wirklich erstaunlich, wie er die Klampfe ununterbrochen durch die Gegend wirbelt und dabei stets zielsicher den richtigen Ton greift. Hut ab! Voller Spielfreude zockte sich die Band quer durch ihre über 30-jährige Bandgeschichte und haute dabei zahlreiche Klassiker wie „World War 3“, „Fuck you“, „Human bomb“ oder „The prisoner“ raus, gab mit „Rebel kind“ und „I live in a car“ aber auch zwei Kostproben ihres frisch erschienenen Albums „Talk-Action=0“ zum Besten, die dem alten Material in Nichts nachstanden. Da zudem der heftig geforderte Zugabenblock mit Bravour und ohne Sauerstoffzelt gemeistert wurde, bleibt die Erkenntnis, dass man wahrscheinlich auch in zehn Jahren noch mit D.O.A. rechnen kann. Auch wenn dies an dem sich derzeit vollziehenden demographischen Wandel in der kanadischen Punk-Szene freilich nichts ändert.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.