Es kommt mir vor, als würde ich den freundlichen Nachbarn von nebenan treffen, als ich Kevin Hamann beim Interviewtermin begegne. Aufgeschlossen und nett, eigenbrötlerisch und speziell. Ein kleines bisschen wie du und ich, aber trotzdem anders.
Warum TOM BOLA irgendwann zu CLICKCLICKDECKER wurde, Live-Alben gar nicht so schlimm sein müssen wie alle denken und Hunde zu guter Musik verhelfen können – ich hatte die Chance, dies zu klären.
[F] Du hast mit elf Jahren angefangen Gitarre zu spielen. Was hat dich dazu bewegt, weiter zu machen und nicht das Handtuch zu werfen, wie es viele Kinder in dem Alter tun?
[A] Es stand nie zur Debatte, das nicht weiter zu machen. Gitarre spielen hat mir immer Spaß gemacht und macht mir auch jetzt noch Spaß. Außerdem ist es im Vergleich zum Skateboard fahren etwas zum festhalten, etwas, womit man sich ausdrücken kann. Vermutlich war mir das damals noch gar nicht so bewusst. Da ging es erst mal nur darum, sich vor den Spiegel zu stellen und zu posen. Sinn für Akkorde und Musik habe ich erst im Laufe der Jahre entwickelt.
[F] Warum wollte TOM BOLA irgendwann CLICKCLICKDECKER werden?
[A] Keine Ahnung. Vermutlich hätte ich den Namen CLICKCLICKDECKER nach einem Jahr wieder geändert, wenn ich nicht angefangen hätte, unter dem Namen Konzerte zu spielen. Namen sind wie Schall und Rauch und überhaupt nicht wichtig für mich.
[F] Wie bist du zu Audiolith Records gekommen?
[A] Ich habe zu Anfang Songs selber aufgenommen, auf CD gebrannt und diese an Freunde verteilt oder auf Konzerten verkauft. Ich hatte nie einen Masterplan, dass ich zu einem großen Label müsste, welches alles für mich übernimmt. Mit Audiolith hat sich das so ergeben, weil Lars Lewerenz mich 2004 auf einem Konzert in Kiel gesehen hat.
[F] Inwieweit hat dich das Label musikalisch beeinflusst, verändert oder auch weitergebracht?
[A] 2005 habe ich Oliver Stangl kennengerlernt, der damals noch bei FINK gespielt hat und jetzt Teil von CLICKCLICKDECKER ist. Als die erste Platte erschienen ist, hatte Audiolith Records auch noch nicht den Bekanntheitsgrad, den es heute hat, so dass wir uns alle innerhalb des Labels unterstützt und gegenseitig gepusht haben. Das war für mich ganz wichtig und hat die Sache sehr angenehm gemacht. Musikalisch habe ich absolut meine Freiheit, weil Lars sich überhaupt nicht einmischt. Eher im Gegenteil. Er ermutigt mich und auch die anderen Künstler, indem er sagt, dass wir unser Ding machen sollen und er hinter dem Projekt steht.
[F] Wenn ich CLICKCLICKDECKER höre, fällt mir spontan ein, wie jemand mit einer Tasse Kaffee an seinem Lieblingsplatz sitzt und sich über die Menschheit wundert. Worum geht es bei CLICKCLICKDECKER inhaltlich? Erlebtes oder Fiktives?
[A] Meistens sind es fiktive Situationen, die aber aus irgendeiner Richtung kommen. Aufgeschnappt, miterlebt, gesehen… Und meistens entsteht so ein Song zuhause beim Kaffee. Die Texte für die Platte "Nichts für ungut" sind entstanden, als ich mit dem Hund eines damaligen Klienten spazieren gehen musste. Die langweiligste Aufgabe der Welt, aber ich habe die Freiheit geschätzt, die ich während dieser Zeit hatte, um zu texten. Das fehlt mir im Moment ein bisschen. Natürlich habe ich auch Freiräume zum Texten, aber es hat auch sehr viel mit Disziplin zu tun, sich diese Zeit zu nehmen. Und Disziplin fühlt sich wie Arbeit an. Songs schreiben soll ja auch nicht zu einer Pflichtveranstaltung werden.
[F] Die Menschen mögen CLICKCLICKDECKER, du spielst viele Konzerte, verkaufst CDs und hast noch diverse andere Projekte. Wie bekommst du das alles unter einen Hut?
[A] Ich bin mit CLICKCLICKDECKER auf keinen Fall ausgelastet. Deshalb gibt es noch andere Projekte, wo ich meine Finger mit im Spiel habe. Das ist mir aber auch sehr wichtig, weil ich nicht 365 Tage nur an einer Sache arbeiten möchte. Ich fände es schlimm, mich zu langweilen und bekomme eben auch Inspiration durch die anderen Sachen. Ich möchte eine gute Zeit bei all dem haben, was ich mache und möchte nicht, dass es in Stress ausartet.
[F] Gibt es bei dir als Musiker Momente, wo du keine Musik mehr hören möchtest?
[A] Musik geht eigentlich immer. Selbst nach einem langen Tag bei ByteFM, wo zwei verschiedene Musikteppiche laufen, der Dom von draußen schallt und man noch ganz nebenbei über Kopfhörer Sendungen schneidet. Was mir ein bisschen dabei fehlt, ist das Genießen von Musik. Das liegt aber vermutlich daran, dass man so selten neue Sachen entdeckt, die einen richtig kicken. Da lege ich lieber eine gute Platte von früher auf und… hach schön…
[F] Du hast vor kurzem ein Live-Album veröffentlicht. Es gibt da ja immer dieses Live- Album-Klischee. Was hast du gemacht, damit die Menschen das Album mögen?
[A] Als die Aufnahmen vor zwei Jahren beim Reeperbahn-Festival gemacht wurden, war mir noch gar nicht klar, dass daraus einmal ein Album wird. Mich dürstete es nach etwas Neuem, und die Aufnahmen haben mir gefallen. Ich selber besitze nur ein Live-Album, weil mich das nicht interessiert, aber ich habe gedacht, dass es sicher Menschen gibt, die so ein Form von Veröffentlichung mögen. Also haben wir es gewagt. Die Rückmeldungen waren durchaus positiv.
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