CAPTAIN PLANET – Wasser kommt, Wasser geht

Zeig mal! Captain Planet, Abenteuer im Metadelta. Äh, Du hörst alte Hörspiele auf deinem iPod?“ – „Nee, Punkrock, Digger, Punkrock!
Aber das Gefühl ist schon irgendwie das gleiche. Wo damals die Prof. Mobilux-Cassette mit spannenden Geschichten in ihren Bann zog und lebhafte Bilder herbeizauberte, sorgt heute vor Energie nur so überschäumender Schraddelpunk für die emotionale Abholung, in Gestalt von CAPTAIN PLANET aus Hamburch. Ihre Debüt-EP „Unterm Pflaster der Strand“ vor zwei Jahren hab ich gefressen wie Bunte Tüten, umso gespannter war ich auf das erste Album. Nicht nur ich. In den letzten vier Jahren sind die Kapitäne unermüdlich durch die Juzen der Nation geschippert. Der mitsingende Mob auf den Konzerten wuchs stetig, und die mittlerweile stolze 77 Mitglieder zählende StudiVZ-Gruppe ist heiß am diskutieren, welcher Song denn nun der beste sei. Bekanntheitsgrad: gezügelter S-Kurvenverlauf, mal sagen. Mit dem neuen Album dürft’s definitiv steiler werden.
Bereits die Illustrationen in „Wasser kommt, Wasser geht“ lassen vermuten, dass man noch immer leicht wehmütig versucht, die großen Füße für einen Moment zurück in die Kinderschuhe zu schieben. Da hat man auf dem Cover die Erinnerungen nun endlich in Kartons verstaut, und dann packt sich der zornig dreinblickende Bengel von selbst wieder aus, als stinke ihm was gewaltig. Und genauso zornig beginnt Arnes eindringlicher Gesang im ersten Song „Wespenstich“. Fast schon niederschmetternd wird losgeknüppelt: „Dein Rückgrat gebrochen, dein Herz tobt wie ein Kind, von Wespen gestochen“, bis die zweite Gitarre einsetzt und das Ganze in ein melancholisches Harmoniemeer eintaucht, in dem die buntesten Farben im Kopf entstehen. Der Gesang wird verzweifelter. Schon jetzt herrscht eine wesentlich bedrückendere Stimmung als noch auf „Unterm Pflaster…“. Aber wenn im Refrain mit wunderbarster, zweiter Stimme noch resigniert wird: „gegen jede deiner Stärken stemmt eine Schwäche“, so wird am Ende der Spieß doch umgedreht, „und gegen jede deiner Schwächen stemmt sich eine Stärke“. Diese positive Einstellung zieht sich trotz all der schwermütigen Kost, die uns eher skizzen- und sinnbildhaft zugemutet wird, durchs Album. „Komm lass uns leben! Vielleicht ist alles bald schon vorbei“, heißt es da ganz John Keating-like in meinem persönlichen Highlight „Wort auf der Brücke“. Und auch, wenn die Texte dich gerade in den Regen stellen, so treibt einen die Musik doch immer wie ein frischer Rückenwind viel zu konsequent nach vorne, als dass am Ende etwas anderes als positive Energie aus den Boxen kommen könnte. Dafür sind die kleinen Melodiebögen einfach viel zu schön.
Obwohl ich anfangs recht erschlagen war von der starken Gleichförmigkeit, „Wasser kommt, Wasser geht“ ist so ein Album, das die Besonderheiten jedes einzelnen Songs erst mit der Zeit offenbart, bis man sie mitsingt, als wären es die eigenen. Ein ganz persönliches Geschenk, abgeschlossen mit einem ganz besonderen Schmankerl. Dem neu verpackten „Zugehört“ vom 2003er Demo. Ich bin entzückt.