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CALLEJON – Die Notbremse gezogen

Düsseldorf rockt! Und das muss ich als (Wahl)-Kölner ehrlich zugeben. Die Region hatte bisher viele gute Bands hervorgebracht. Auf dem besten Weg, sich national einen guten Namen erspielen zu können, stehen CALLEJON aus der besagten Rheinmetropole. Das neue Album ist seit gut einer Woche veröffentlicht, und leider wurde jetzt die Nachricht bekannt gegeben, dass die Band seit ein paar Tagen ohne Bassist da steht. Schlechte News, so kurz nach der VÖ des ersten Albums. Aber lest selbst, was die Band dazu zu sagen hat.

[F]Erstmal Glückwunsch zur neuen Platte! Vorweg, für die Leute die euch noch nicht kennen: Kannst du die Band vorstellen und ein wenig über euch erzählen?
[A]Hey, vielen Dank! Also, wir kommen ursprünglich aus Düsseldorf und Umgebung. CALLEJON existieren seit etwa viereinhalb Jahren, damals waren wir blutige Anfänger und hatten vorher noch in keiner Band gespielt, aber wir waren sehr heiß darauf, Musik zu machen. Als wir dann halbwegs mit unseren Instrumenten umgehen konnten, haben wir 2003 ein Demo aufgenommen und einige Shows gespielt. Ein Jahr später haben wir dann die "Chronos"-EP nachgelegt, die eigentlich auch noch als Eigenveröffentlichung gedacht war. Zufällig hat Dirk von My Favourite Toy Records die Songs zu hören bekommen und uns direkt angeboten, die Scheibe auf seinem Label rauszubringen. Da haben wir uns dann auch nicht zweimal bitten lassen, und so kam die EP letztes Jahr raus, wir haben eine kleine Tour mit THE SMACKDOWN und einen Haufen Einzelgigs gespielt, neue Songs gemacht und im März unser erstes Album aufgenommen.

[F]Nach eurer EP ist die Tage euer erster Longplayer veröffentlicht worden. Wie steht ihr zur neuen Platte? Seid ihr zufrieden mit dem Resultat?
[A]Ja, zufrieden sind wir auf jeden Fall. Mit den Songs sind wir sehr glücklich, und die Produktion ist im Vergleich zur EP ein Riesenschritt nach vorne. Natürlich gibt es Dinge, bei denen wir denken, dies oder das hätte man noch besser machen können, aber das sind Kleinigkeiten. Ich glaube, die wenigsten Bands nehmen ein perfektes Album auf, bei dem sie mit allem hundertprozentig zufrieden sind.

[F]Hat der Titel "Willkommen im Beerdigungscafé" eine Geschichte oder Sinn dahinter, der euch darauf gebracht hat?
[A]Allerdings! Als Basti Zivi im Altenheim war, war es dort die Regel, dass nach der Beerdigung eines Heimbewohners sich die anderen zu Kaffee und Kuchen treffen, das sogenannte Beerdigungscafé. Wir fanden das einerseits so makaber und andererseits so passend, dass wir beschlossen, das Album danach zu benennen. "Willkommen im Beerdigungscafé" ist unsere Sicht auf die Welt; willkommen im Leben, alles, was du weißt, ist, dass du irgendwann tot bist. Das klingt jetzt nicht sehr positiv, ist aber auch nur die eine Seite der Medaille. Wir haben trotzdem sehr viel Spaß am Leben.

[F]Die neue Platte klingt um einiges ausgereifter. Was hat sich seit Veröffentlichung von der "Chronos"-EP getan?
[A]So furchtbar viel hat sich nach der EP nicht verändert, die Songs vom Album sind auf die gleiche Art und Weise entstanden. Wir haben uns einfach in unserer Spieltechnik, wie auch in unserer Fähigkeit, Songs zu schreiben, weiterentwickelt, aber wir haben nicht einen bestimmten Punkt fixiert und gesagt: "Da soll es hingehen!" Wir sind ja noch eine ziemlich junge Band, und das ist unser erstes Album. Ich denke, da ist es normal, dass sich einige Dinge von alleine verändern.

[F]Habt ihr eine besondere Erwartung an die Platte? Schließlich habt ihr euch vom Songwriting verbessert und, was das Artwork und vor allem die Produktion angeht, einen ordentlichen Schritt nach vorn gemacht.
[A]Ja, wir sind wirklich froh, dass wir all das auch größtenteils so umsetzen konnten, wie wir uns das vorgestellt haben. Aber wir haben jetzt keine konkreten Erwartungen in Form von Verkaufszahlen oder einem fetten Deal bei einer Riesenplattenfirma. Das sind für mich die absolut falschen Motive, um Musik zu machen. Wir wollen einfach mit der Platte so viele Leute erreichen wie möglich und so viele Shows spielen wie es geht.

[F]Laut eurer Bandinfo nennt ihr euren Sound Screamometal. Naja, es kommt nicht oft vor, dass ich mit einer Bandinfo hundertprozentig einer Meinung bin. Treffender kann man den Sound nicht beschreiben. Habt ihr versucht, eine eigene kleine Nische zu finden, oder kam das eher aus dem Bauch heraus?
[A]Nun, wir haben uns ja vorher nicht abgesprochen, was genau für Musik am Ende herauskommen soll, sondern zuerst die Songs geschrieben und dann überlegt, wie man das Ganze am ehesten bezeichnen kann. Und Screamometal beinhaltet ganz einfach die beiden Haupteinflüsse, die unsere Songs auszeichnen, nämlich Screamo und Metal. Aber letztendlich sind das auch nur Begriffe, auf die wir uns nicht vollständig festlegen lassen wollen. Mittlerweile wird einfach von einer Band erwartet, sich irgendeiner Stilschublade zuzuordnen, und das ist auch okay. Aber man sollte nicht vergessen, dass die Musik das eigentlich Wichtige ist.

[F]Euer Trommler muss ja nach einer Show total fertig sein, so wie er die Doublebass bedient. Aber auch die anderen Instrumente spielen auf wirklich hohem Niveau. Habt ihr bewusst eure Songs nachpoliert und versucht, das Maximum rauszuholen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Song in der "Rohform" exakt so im Proberaum entstanden ist.
[A]Tatsächlich haben wir im Studio nur an zwei oder drei Stellen noch zusätzliche Gitarrenstimmen eingespielt, ansonsten standen die Songs, so wie sie auf Platte sind, schon im Proberaum. Wir sind, wenn es um neue Songs geht, ziemlich kritisch und versuchen halt, schon im Songwritingprozess das Maximum herauszuholen. Meistens kommen ich und Stefan mit einigen Gitarrenriffs und Grundideen an, und dann wird überlegt, wie man diese Dinge logisch miteinander verbinden kann, wie der Song strukturiert wird, es kommen die Schlagzeug- und Bassparts dazu, und schließlich der Gesang. Das hört sich jetzt relativ einfach und geordnet an, ist aber in Wirklichkeit oft ziemlich chaotisch. Bei uns hat jeder Mitspracherecht, und ein Song ist erst fertig, wenn alle damit glücklich sind. Das führt dazu, dass sich das Songwriting auch schon mal ziemlich lange hinziehen kann, aber im Endeffekt schreibt man bessere Stücke, wenn man fünf kritische Köpfe überzeugen muss.

[F]Ich denke, dass ein großer Pluspunkt gegenüber eurer EP die Produktion ist. War es euch wichtig, dass ihr für die neue Platte eine fette Aufnahme am Start habt?
[A]Auf jeden Fall! Eines unserer erklärten Ziele war es, auf dem Album eine richtig gute Produktion, sprich einen besseren Sound als auf der EP, zu haben, weil es für diese Art von Musik einfach unverzichtbar ist, dass sie auch auf Platte druckvoll rüberkommt. Aus diesem Grund haben wir auch, anders als noch bei der EP, die im Proberaum entstanden ist, diesmal in einem "richtigen" Soundstudio aufgenommen. Wir waren im Sonic Sound in Viersen, und diese Wahl hat sich dann auch als goldrichtig herausgestellt, es herrschte eine sehr gute Arbeitsatmosphäre, und ich denke, das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen.

[F]Das nächste Thema sind die Texte. Wolltet ihr gezielt auf deutsch schreiben und womöglich sogar die Lücke füllen, die YAGE hinterlassen haben?
[A]Ja, wir haben uns ganz bewusst für deutsche Texte entschieden. Am Anfang hatten wir auch englische Texte, aber wir, bzw. Basti, der für die Texte verantwortlich ist, konnte das, was ihn bewegt, auf deutsch einfach besser ausdrücken. Uns allen sind die Lyrics sehr wichtig, und deshalb fühlten wir uns nicht gut dabei, wenn diese mit einem Wörterbuch in der Hand entstanden sind. Als Basti dann auf Deutsch zu texten angefangen hat, waren wir gleich alle Feuer und Flamme, und deshalb haben wir das Ganze dann auch durchgezogen. YAGE haben wir auch ziemlich geschätzt, und vielleicht hatten sie sogar etwas Einfluss auf uns, aber wir wollten mit Sicherheit nicht die YAGE-Nachfolger werden oder diese Lücke füllen, dafür ist unsere Musik auch einfach viel zu unterschiedlich. Aber diese emotionale Komponente ist auf jeden Fall sehr wichtig für die Texte. [/A]

[F]Wie sehen eure Live-Shows aus? Muss man euch danach von der Bühne tragen?
[A]Kommt darauf an, wieviel Alkohol vorher geflossen ist, haha! Aber im Ernst, wir versuchen, bei jeder Show immer alles zu geben und den Leuten etwas zu bieten. Da ist man danach auch schon mal total im Arsch, aber es macht uns auch immer unheimlich viel Spaß. Von daher ist das schon okay. Und gute Platten aufnehmen hin oder her, eigentlich machen wir die Band ja, um live zu spielen, das zeichnet eine Band ja gerade aus, und deshalb versuchen wir, die Shows auch immer so gut zu machen, wie es uns möglich ist.

[F]Ihr seid ja demnächst auf Tour. Lohnt es sich, vorbei zu kommen und sich eventuell auf ein Bier einladen zu lassen? Haha, nein, Scherz beiseite. Freut ihr euch auf die Tour?
[A]Wir haben uns schon ziemlich lange darauf gefreut, und es würde sich sicher auch lohnen, aber so, wie sich die Dinge entwickelt haben, ist es uns leider nicht möglich, diese Tour zu spielen. Wir haben uns vor wenigen Tagen aus persönlichen Gründen von unserem Bassisten Frank getrennt. Das war für uns alle sowieso ein sehr schmerzlicher, aber notwendiger Schritt. Dass wir die Tour deshalb nicht spielen können, tut dann natürlich doppelt weh. Uns tut es auch unheimlich leid für die Leute, die sich die ganze Mühe gemacht haben, mit uns diese Tour auf die Beine zu stellen, und für die, die sich darauf gefreut haben, zu den Shows zu kommen. Aber in der kurzen Zeit hätten wir die personellen und daraus resultierenden Equipment-technischen Einschnitte nicht wettmachen können, und bevor wir mittelmäßige Gigs spielen, haben wir uns dazu entschieden, die Notbremse zu ziehen. Ein ausführlicheres Statement dazu findet ihr auf unserer Homepage. Wie gesagt, das tut uns sehr leid und sehr weh. Aber als Entschädigung sind wir gerade dabei, eine kleine Tour für den Winter zu planen, und sobald es uns möglich ist, so viel live präsent zu sein, wie es geht.

[F]OK, das war’s von unsere Seite. Wir wünschen euch viel Erfolg mit der neuen Platte, und die folgenden Zeilen gehören euch für abschließende Worte.
[A]Ja, vielen Dank für das Interview, hört mal in unser Album rein, und für die aktuellsten News schaut auf http://www.callejon.de vorbei! CALLEJON kommen auch auf die Bühne zurück, also seid tapfer, wir sind es auch…