You are currently viewing BALZAC – Out of the grave

BALZAC – Out of the grave

Peinlich, Peinlich! Da wollte ich die Horror-Punks von BALZAC vor ihrem Auftritt in Hamburg mit meine Fragen nerven, was durch die Anwesenheit eines Dolmetschers erheblich vereinfacht werden sollte. Leider fiel mir am anvisierten Tag, einem Mittwoch, auf, dass das Konzert schon einen Tag vorher, nämlich am Dienstag, über die Bühne im Molotow gegangen war. Wie gesagt, peinlich, aber zum Glück hat es dann wenigstens per E-Mail noch geklappt (Dank an Mirko!), wobei mal wieder deutlich wurde, dass solche Befragungen deutlich hinter solchen zurückstehen, bei denen man die Möglichkeit zu Nach- und Rückfragen hat. Trotz alledem hier nun die weisen Worte von Hirosuke, seines Zeichens Sänger von BALZAC, übersetzt von Lobi, dem Tourmanager.

Das erste Mal auf Europatour – wie lief’s bisher?
Die Tour läuft sehr gut für uns. Wir wussten vor dem Tourstart nicht genau, was uns erwartet, aber wir sind sehr überrascht und erfreut, wie uns das deutsche Publikum aufnimmt. Zu unseren Konzerten kommen mehr Fans, die uns schon kennen, als wir erwartet haben. Sicherlich auch ein Indiz für die gute Arbeit, die unser Label G-Force Records bisher geleistet hat.

Gibt’s große Unterschiede zu den Touren in Japan? Was fällt Euch besonders auf?
Es gibt natürlich in vielen Bereichen sehr große Unterschiede, angefangen von den Shows, die hier viel später anfangen als in Japan, über die Esskultur bis hin zum allgemeinen täglichen Leben. Da einzelne Sachen herauszupicken, würde sicherlich den Rahmen sprengen (Anm. d. Tippers: Auf keinen Fall – genau das wollen wir wissen!). Nur soviel: wir fühlen uns hier in Deutschland sehr wohl.

Soviel ich weiß, habt ihr gerade im Harz ein Video gedreht. Wie lief’s denn dort?
G-Force Records haben uns eine tolle Burg im Harz besorgt, die unsere Vorstellung bei weitem übertraf. Wir kannten solche Burgen bisher nur aus Horrorfilmen, haha, und wir waren sehr beeindruckt. Der Hausmeister der Burg hat uns sehr geholfen. Wir durften auch in Räumen drehen, die der Öffentlichkeit ansonsten nicht zugänglich sind. Wir konnten so viele tolle Einstellungen drehen.

Das hört sich nach ’ner lustigen Sache an. Habt ihr schon eine Ahnung, wo man das Video in Deutschland mal zu sehen bekommen könnte?
Noch nicht. Wir müssen das gesamte Material nach unserer Rückkehr erst mal sichten. Zur Info: wir haben kein Musikvideo gedreht, in dem wir Playback zur Musik agieren. Wir haben die Entstehungsgeschichte des „Paperbagman“ gedreht. Wir werden einzelne Teile davon für verschiedene Musikvideos nutzen.

Kommen wir mal zu Eurer Musik. Überall liest man von Euch als japanischen MISFITS. Wie lebt man mit diesem Vergleich?
Wir sind alle sehr große MISFITS-Fans, und der Vergleich schmeichelt uns eher, als dass er uns nervt.

In meiner Besprechung Eurer „Out of the grave“-CD habe ich mir die Freiheit genommen, den MISFITS-Vergleich musikalisch komplett in die Tonne zu treten und dafür eher eine Mischung aus japanischem Punkrock mit viel Mitsing-Chören und Industrial-Einflüssen anzugeben. Findet diese Beschreibung Eure Zustimmung (Anm. d. Tippers: ich wollte ja nur sicher gehen, dass mir niemand später vorhalten kann, ich hätte keine Ahnung von Musik)?
Oh ja, sehr sogar (Anm. d. Tippers: Aha, hört, hört!). Unsere Musik war nach meiner Meinung zwar immer von den MISFITS beeinflusst, aber gleichzeitig auch eigenständig, da das japanische Musikverständnis sicherlich auch beim Songwriting eine Rolle spielt.

Und wie wird man jetzt zur erfolgreichsten Horror-Punk Band Japans?
Haha!! Vielleicht, indem man ganz einfach als erste Band im Land dieses Genre beackert? Mir würde ehrlich gesagt auch keine zweite japanische Band einfallen, die einen ähnlichen Style hat.

Was tut der japanische Horror-Punker eigentlich, wenn er nicht auf Bühnen steht? Gehört es auch zum guten Ton, sich ab und zu auf dem örtlichen Friedhof sehen zu lassen? Oder gibt es das in Japan gar nicht?
Doch, natürlich. Aber unser „Totenkult“ unterscheidet sich doch schon vom europäischen, und wir gehen eher selten auf Friedhöfe, haha!

Gibt es als Horror-Punker eigentlich noch irgendwas, wovor man Angst hat?
Na klar. (Anm. d. Tippers: Jetzt wäre es gar nicht mal so schlecht gewesen zu erfahren, was denn zum Henker Anlass dieser Angst wäre.)

Bei der großen und fanatischen Fangemeinde gibt es doch bestimmt ein paar lustige Geschichte zu erzählen, oder?
Lustig? Nein, eher nicht (Anm. d. Tippers: Nanü!). Es gibt besonders in Japan einige sehr fanatische Fans, die versuchen, alles von uns zu sammeln, aber sie werden nie zum Ziel kommen. Selbst ich habe längst nicht alle Artikel, die es je von uns gegeben hat, haha.

So, zum Schluss vielleicht noch ein paar spontan zu beendende Sätze. Geheime musikalische Vorlieben (außerhalb von Punk) hege ich für …
Die BEATLES und George Harrison im Besonderen. Ich bin ein fanatischer Sammler von George Harrison-Platten und Artikeln aller Art. Deshalb musste ich auch in London unbedingt in den BEATLES-Store und in Hamburg ins BEATLES-Museum.

Michael Graves’ (heutiger Sänger bei den MISFITS) Initiative „conservative punk.com“ finde ich …
Uninteressant. Ich habe davon gehört, aber es interessiert mich nicht wirklich. Ich bin da eher unpolitisch.

Dominante, in Latex und Leder gekleidete Frauen mit Gerte finde ich …
Interessant. (Anm. d. Übersetzers: Wie zum Teufel übersetzt man „Gerte“ ins Japanische????)

Tja, insgesamt dann doch ein kleines, aber nettes Interview, bei dem ich stark hoffe, dass ihr beim Lesen soviel Spaß habt, wie der gute Hirosuke beim Beantworten.