Seitdem ihr aktuelles Album "Only revolutions" auf dem Markt ist sind BIFFY CLYRO gefragter denn je. Nach der fünften Platte steht endlich der große Durchbruch bevor. Ein beschwerlicher Weg, den die Schotten ohne bekannte Freunde aus dem Musikbusiness bestritten haben. Höchste Zeit also, mal zu hören, wie es derzeit so läuft.
Dazu trafen wir Drummer Ben Johnsten in Bremen. Gerade erst den weiten Weg von Norwegen in die Hansestadt zurückgelegt, stellte er sich mit triefender Nase unseren Fragen.
[F]Ihr seit ja oft in Deutschland auf Tour. Schon mal über einen Zweitwohnsitz nachgedacht?
[A]Weißt du was? Und ich lüge jetzt nicht – wenn man mich fragt, wo ich gerne bin, sage ich immer, dass Deutschland eins meiner Lieblingsländer ist. Ich mag die Menschen und die Lebensart hier. Ich mag, wie die Leute hier organisiert sind. Es macht einfach Spaß hier. Und ja, wenn die Band weiter so gut läuft und ich irgendwann genug Geld habe, kaufe ich mir gern ein Haus in Deutschland.
[F]"Only revolutions" heißt euer aktuelles Album und die Tour. Was wollt ihr revolutionieren?
[A]Oh mein Gott. Ich hoffe, wir machen das nur musikalisch. Wir sind wirklich nicht politisch aktiv. Simons Frau schon. Vielleicht färbt das ein wenig auf ihn ab. Aber wir denken, dass man die Musik verändern kann oder die Wahrnehmung der Menschen. Das ist, wofür wir das machen. Wir sind keine Politiker.
[F]Wenn man sich durch eure Diskographie hört, stellt man fest, dass ihr früher sehr experimentellen Prog-Rock gemacht habt, während es heute mehr Alternative mit Pop-Einfluss ist. Seid ihr früher verspielter gewesen?
[A]Ja, wir waren auf jeden Fall verspielter, was aber auch weniger CDs bedeutete. Damals waren wir auch nicht so gute Musiker wie heute. Uns haben Bands wie RUSH imponiert, und wir haben versucht, so viele Prog-Elemente einzubauen wie möglich. Wodurch wir vielleicht manchmal übers Ziel hinausgeschossen sind. Irgendwie hundert Ideen in einen Song. Aber ich mag die Alben immer noch, und wir sind stolz drauf. Aber über die Jahre haben wir uns beim Songwriting mehr angestrengt, mehr Ordnung in die Lyrics gebracht. Simon schreibt einfach geniale Songs, und die will man nicht kaputt machen.
[F]Auf der Bühne geht ihr mächtig ab und spielt euch fast in Trance. Jetzt im Interview bist du ziemlich relaxed. Was passiert mit euch fünf Minuten vor der Show?
[A]Es passiert nichts Bestimmtes. Wir umarmen uns vor der Show und schreien dann "Yeah, come on. Let`s fuckin kill these fuckers." Das ist ein bisschen bizarr. Wir versuchen natürlich, so viel Leidenschaft in den Auftritt zu packen wie möglich.
[F]Ist es denn schwierig, in euren Shows die alten Songs mit einzubauen?
[A]Nein, eigentlich nicht. (Handy klingelt…) Entschuldige…Hello? Hello? Nee, da hast du die falsche Nummer. (Legt auf und lacht.) Da hat mich jemand gefragt, ob ich einen Ford Fiesta verkaufe. Ich verkaufe keinen fucking Fiesta. Die hat schon fünf Mal angerufen. Hoffe, dass ist niemand, der weiß, wer ich bin und mich nur verarschen will. Sorry…. Also es ist nicht schwer, die alten Sachen zu spielen, aber es ist eine Herausforderung, eine Setlist zusammenzustellen. Du kannst nicht alle fünf Alben runterspielen. Dadurch bleiben einige Fans, die "Blackened sky" oder "The vertigo of bliss" lieben, auf der Strecke. Wir haben die alten Fans nicht vergessen, aber man muss halt eine Balance finden.
[F]Ihr seid jetzt 15 Jahre unterwegs. Als ihr angefangen habt, kanntet ihr niemanden im Musikbusiness. Nun habt ihr unter anderem MUSE supportet. Wie fühlt es sich an, dazu zu gehören?
[A]Das mit MUSE war großartig. Es ist super, solche Möglichkeiten zu haben. Früher waren wir bei einen Independent-Label, und die haben nicht bezahlt, wenn wir in Deutschland oder Irland tourten. Das war ein ganz schöner Kampf. Es ist jetzt zwar nicht einfach. Wir touren mehr als je zuvor und geben viele Interviews. Aber früher hatten wir nie die Chance. Es ist schon krass, wieviel davon abhängt, wer dich vertritt, wen du kennst und all das. Das ist schon ein wenig gemein. Wir waren am Anfang ziemlich naiv… Ich denke, jeder ist ein wenig naiv, der denkt, einfach nur ein gutes Demotape zu machen und dann eine Super-Band zu werden. Das ist nicht wahr. Natürlich kannst du auch Glück haben. Das sind meistens die Bands, die gut aussehen. Da denkt die Plattenfirma: "Hier können wir schnelles Geld machen." Und nach einem Jahr verschwinden die Bands wieder. Das tut mir ein wenig leid, weil dir erst alle erzählen, wie toll du bist und auf einmal…booom…wirst du fallen gelassen.
[F]Ich denke, bei euch war es auch ziemlich schwer, da ihr aus Schottland kommt.
[A]Ja, das ist wirklich schwer. Allein die englische Presse kann sehr hart sein zu schottischen Bands. Unsere ersten drei Alben wurden völlig ignoriert. Erst bei "Puzzle" hat man uns Gehör geschenkt. Da hätte man schon in London wohnen müssen, und ich hasse London.
[F]Oh… ich liebe London. Aber ich war auch noch nie in Glasgow. Kannst mich ja mal einladen.
[A]Glasgow ist tausendmal besser. Kannst jederzeit vorbeikommen.
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