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KEVIN DEVINE – Das doppelte Leben

+ (eml) Mist, warum haben wir nur zugesagt?! Voller Nervosität machen wir uns auf den Weg zu unserem ersten und letzten Interview im Uebel & Gefährlich. Jede mit ihrem eigenen Beruhigungsmittel intus: Kati – Jägermeister, Eva – schwarzer Tee.
Die ruckelnde Tür des Transporters vor dem Eingang ignorieren wir. Wo geht’s rein? Aufzug rauf, wie immer? Nee, kein Liftboy. Also nochmal raus. Die Tür ruckelt noch immer. Will da jemand raus? Obwohl es Eva nichts angeht, geht sie hin, um die Tür zu öffnen. Klemmt.
Dann, plötzlich, Hilferufe von innen. Zu zweit kriegen wir die Tür schließlich auf. Mike Strandberg!!! ( Bassist) Wir sind die Retter des Abends und Mike führt uns zu Kevin.

[F] Zu Beginn: Wann kommst du wieder?
[A] Vielleicht im Dezember. Dann würde ich auch gerne mal Support für eine andere Band sein, um ein anderes Publikum zu sehen und zu erreichen und auch mal in größeren Clubs zu spielen.

[F] Findest du es manchmal unfair, dass du immer deine Sprache sprechen kannst, weil fast jeder englisch spricht?
[A] Ja. Oft entschuldigen sich die Leute bei mir, weil sie nicht besser englisch sprechen, aber eigentlich müsste ich mich entschuldigen. Seit sieben Jahren komme ich nach Deutschland und kann nur ein paar Sätze sprechen. Zum Beispiel nach Essen oder der Toilette fragen. Ich würde gerne mehr Sprachen sprechen, aber selbst spanisch spreche ich nur mäßig, obwohl ich acht Jahre Unterricht in der Schule hatte.

[F] Ist es nicht anstrengend, so viel zu touren? Denkst du nicht, dass du mal eine Pause brauchst die länger als fünf Tage dauert?
[A] Viele Menschen haben einen Job, den sie nicht mögen. Ich liebe, was ich tue. Klar ist es zwischendurch anstrengend, aber ich habe auch immer mal Pausen von ein bis zwei Wochen und im kommenden Sommer sogar zwei Monate.

[F] Ein Freund von uns sagte mal: „So lange wie man unterwegs ist, kommt man zu Hause nicht zurecht.“ Stimmst du dem zu? Wir schon!
[A] Es ist, als hätte man zwei Gehirne und zwei verschiedene Leben. Das ist schwer, miteinander zu verbinden. Ich brauche immer eine Weile, um mich wieder an die unterschiedlichen Abläufe und den Alltag zu gewöhnen. Mittlerweile bekomme ich es aber gut hin. Allerdings ist es schwer, so lange von meiner Familie und meinen Freunden getrennt zu sein.

[F] Gibt es einen Unterschied zwischen den Konzerten in Europa und den USA?
[A] Das Publikum ist sich sehr ähnlich. Es gibt zwar kulturelle Unterschiede, aber ich habe das Glück, dass die Leute fast alle meine Lieder mögen und nicht nur eins oder zwei.
In Europa sind die Veranstalter freundlicher und wissen die Künstler mehr zu schätzen.

[F] Wenn du alleine auf Tour bist, bist du wirklich ganz alleine? Wie kommst du von Ort zu Ort?
[A] Normalerweise nicht. Manchmal reise ich alleine, bei der letzten Tour hier bin ich zum Beispiel mit dem Zug gefahren und geflogen. Und bei der nächsten US-Tour bin ich alleine mit dem Auto unterwegs. Mittlerweile habe ich aber viele Leute kennengelernt, die ich dann immer wieder treffe.

[F] Wie viele Leute kommen zu deinen Auftritten in Amerika? Bist du dort bekannter?
[A] Die meisten Konzertbesucher kommen zu meinen Konzerten in New York, ansonsten ist es eigentlich überall ziemlich ausgeglichen. In den Staaten sind es etwas mehr als in Europa, aber im Durchschnitt zwischen 100 und 300 Besuchern.

[F] Spielst du deine Lieder immer noch gerne?
[A] Ja. Ich habe inzwischen eine große Auswahl an Liedern, die ich spielen kann. Und dadurch, dass ich mal alleine, mal mit Band unterwegs bin, wird es nie langweilig. Es gibt Lieder, die ich nicht mehr so gerne spiele, einfach weil ich sie so oft gespielt habe, zum Beispiel „People are so fickle“.
Ich mag das Lied, aber ich hab es drei Jahre lang fast dauernd gespielt. Jetzt würde es wahrscheinlich wieder Spaß machen, es zu spielen. Müsste man ausprobieren.
Manches von „Circle gets the square“ spiele ich nicht mehr gerne, weil es schon ziemlich lange her ist und ich nicht mehr über das Mädchen singen möchte, mit dem ich mich mit 17 getroffen habe.

[F] Hast du Hobbys und Zeit dafür?
[A] Ich lese viel, sehe mir Baseball- und Basketballspiele an, ich sehe gerne gute Serien wie die Sopranos und Six Feet Under, anspruchsvolle Filme mag ich sehr. Politische Ereignisse interessieren mich, ich höre mir zum Beispiel Vorträge über soziale Gerechtigkeit an.
Wenn man sich ein normales Wochenende anschaut, sehe ich mir Filme an, esse, treffe Freunde, unterhalte mich, und wenn ich allein bin, lese ich viel.

[F] Wo und wann schreibst du deine Lieder? Ist es möglich, das unterwegs zu machen?
[A] Ja, es ist möglich. Das letzte Mal, als ich in Hamburg war, habe ich ein Lied geschrieben. Aber es ist nicht vorzuziehen, da immer viel um mich herum passiert und ich nicht wirklich für mich bin.
Ich schreibe phasenweise, mal schreibe ich viele Lieder auf einmal und dann wieder für länger Zeit keine. Ich notiere mir ständig Ideen und Gedanken in kleinen Büchern und schreibe Gedichte.

[F] Du schreibst viele politische Lieder. Ist es dir wichtig, deine Meinung öffentlich zu machen? Möchtest du die Zuhörer erreichen und beeinflussen?
[A] Ich möchte niemanden beeinflussen, ich möchte mich nur ausdrücken. Es wäre unehrlich nicht über politische Dinge zu schreiben, weil sie mich beschäftigen, genauso wie andere Dinge über die ich schreibe.

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