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BERLINOVA 2005 – Ein Nachruf

Berlinova 2003, ein Stern ging auf. Super Wetter, super Line-Up optimale Festivalgröße, gute Organisation. Ich schwärme immer noch.
Berlinova 2004, eigentlich noch recht ordentlich, aber schon mit deutlichen Schwächen. Und jetzt das:
Berlinova 2005 und einfach nur eine miese Organisation. Schon im Vorfeld gab es im Forum immer wieder Anfragen, wann denn die Website endlich mit Infos gefüllt werden würde, doch keine Chance. Im Medienbereich tummelten sich sogar noch Infos vom 2003er Event. Dann die Anfahrt. Der Eingang wurde verlegt, die Beschilderung vergessen. Nicht wenige irrten durch verlassene Feldwege und suchten. Dann fein nach der Campingplatzkarte den Bus geparkt und bei schlechtem Wetter alles aufgebaut.
Freitags war der Platz bis mittags noch immer fast komplett leer. Deswegen haben sich wohl die Ordner entschlossen: „Komm, lassen wir die Leute mal nicht zur Ruhe kommen, die sollen mal alle woanders wieder aufbauen. Fertig aus!“ Alles wieder eingeladen, einmal um den Platz gefahren und wieder aufgebaut. Mitten in einer Mischung aus Dreck und Müll – Dankeschön! Es ist immer schön zu wissen, dass man als Besucher willkommen ist. Aber die Security mit dem fast schon ironisch wirkenden Spruch „Security Against Racism“ auf den Westen war allgemein so ziemlich das unfreundlichste, was ich bisher auf Festivals erlebt habe. Dann schnell ein Bändchen holen und das nächste Staunen: es gibt die Bändchen vom Vorjahr, nur mit schwarzem Edding übermalt… Ein Andenken gibt es also dieses Jahr auch nicht.
Orga, Wetter und Bändchen alles scheiße!

Freitag, 10.06.2005
Gott sei dank haben aber auch einige Bands versucht, das Beste aus dem Festival und dem schlechten Wetter zu machen. Die BRAINLESS WANKERS und ZSK, sowie die Jungspunde FIRE IN THE ATTIC und die Recken von MUFF POTTER machten am ersten Abend die Aufwärmer. Und gerade bei den Berliner Skapunks von den BRAINLESS WANKERS ging das durchweg sehr junge Publikum schon ordentlich ab. Während bei den ebenso jungen FIRE IN THE ATTIC eher auf der Bühne Alarm gemacht wurde, bis schließlich wohl alle Reservekabel und Mikros kaputt waren und die Jungs blutend auf der Bühne lagen. Das ist mal ein Einsatz! Auf dem Gelände selbst: gähnende Leere und dann noch dieses nervige Zappel-DJ-Pult mitten auf dem Rasen…

Samstag, 11.06.2005
Nach einer viel zu kurzen Nacht werde ich von Mr. Chart-DJ geweckt. Die komplette „Bravo Hits“ von vor 10 Jahren wird gespielt, jeder Gott verdammte Euro-Fick-Mich-Techno-Hit kommt da aus den Boxen. T4-Fahrer halt…
Dann meine erste Begegnung mit TELE. Oh mein Gott! So viel Fahrstuhlmusik am frühen Morgen ertrage ich nicht. Warum findet alle Welt die so gut??? Dafür aber SOMETREE, DAYS IN GRIEF, die Dauertourer TRIBUTE TO NOTHING, PALE, DONOTS und die Altrocker DKT/MC5.
Wie man vielleicht auf den Fotos sieht, war selbst bei einer festivalerprobten Band wie den DONTOS nicht wirklich Stimmung. Und das will schon was heißen. Man mag über die Jungs denken, was man will, auf Festivals sind sie eigentlich eine Bank. Nur wenn nicht mal „we’re not gonna take it“ zündet, dann ist irgendwas faul.
PALE muss man einfach für ihren Auftritt danken, das war eine Offenbarung. Die neuen Songs waren topp, und auch die Bühnenschau war erstaunlich rockig und nicht so statisch wie sonst. Da wurde einem richtig warm ums Herz. Was freue ich mich auf die neue Platte!
TURBONEGRO, die VILLAGE PEOPLE des Punkrock, haben mich noch nie so richtig fasziniert, so auch heute. Ich kann weder mit der Musik, noch mit der Show etwas anfangen, Luckau hat’s aber erstaunlich gut gefunden. DKT/MC5 waren dann das absolute Kontrastprogramm. Vollblut-Rock’n’Roll-Musiker, die die Fender bedienen als wäre sie ein Kaffeeautomat, so leicht schien das. Einfach mal ein wenig klassischen Rock. Wollte Luckau nicht hören. Außer uns waren vielleicht noch so 100 Leute im Zelt. Und dann kam es: „and now it’s time to KICK OUT THE JAMS!!!“ oder auch nicht. Der einzige Riesen-Hit, und dann rennt so eine panische Berlinova-Frau auf die Bühne und sagt, dass man den Song nicht mehr spielen dürfe. Zeit überzogen… HALLO??? GEHT’S NOCH? BRENNT IHR JETZT VÖLLIG??? Zu diesem Zeitpunkt war mir klar, nie wieder Berlinova, so was kann man einfach nicht machen. Zumal SIDO und HARRIS auf der Hauptbühne wohl eh nur 20 Minuten gespielt haben, aber wer braucht den schon (ok, unterrepräsentierte Kids, die sich mit dem HipHop von FETTES BROT und DAS BO nicht identifizieren können, schon verstanden). Mir egal, ich war sauer. Und die Nacht war wieder arschkalt!

Sonntag, 12.06.2005
Eigentlich sollte Sonntag der Hammertag werden. KETTCAR, TOCOTRONIC, TOMTE, OLLI SCHULZ UND DER HUND MARIE und MANDO DIAO hatten sich angekündigt. Leider war aber die Stimmung so am Boden, dass wir beschlossen, schon am Sonntag abzureisen und nicht erst am Montag.
Leider war die Planung so kacke, dass immer eine gute Band und ein HipHop-Act im Wechsel angesetzt waren, so dass man stets ca. 45 Minuten über ein verwaistes Gelände spazieren musste. Noch ein negativer Aspekt…
OLLI SCHULZ rettete dann aber das Festival. Ein Feuerwerk der guten Laune, das einfach jeden zum Lachen brachte, auch wenn es zwischendurch regnete. Und auch hier: was freue ich mich auf das neue Album! Heavy Metal-Song, Geschichten vom Hurricane Festival über AUDIOSLAVE und viele bekannte und neue Songs bescherten den Hamburgern viel Applaus – und das zurecht!
TOMTE waren wie gewohnt sicher und nett, hatten aber nach dem Feuerwerk des OLLI SCHULZ und vor dem Sturm von MANDO DIAO doch eher Probleme mit dem Publikum in Luckau, das nicht so recht warm wurde. Bis dann die besagten Schweden die Bühne betraten und den echten Hurricane lostraten. Saiten rissen ohne Ende, dann schön auf die Gitarre spucken, wenn eine Saite gerissen ist und sie dem Roadie vor die Füße legen. Der gute Mensch hatte richtig Arbeit während des Auftritts! Und dann kam auch noch die Sonne raus, und damit war die Zeit zum Abschied gekommen.
Auch wenn noch KETTCAR und TOCOTRONIC hinter der Bühne warteten, das war es einfach nicht mehr wert. Besser als beim letzten Immergut Festival 2004 konnte die Show nicht werden und außerdem war der Heimweg noch lang.
Fazit: die Organisation war eine Katastrophe, das Line-Up ein wilder Mix aus semibekannten Bands, die jeweils nur wirklichen Fans der Genres bekannt waren und eine Security, die eher einen Polizeistaat als ein Festival wollte, machten das Festival zu einem negativen Highlight. Ich würde mal tippen, das war es mit Berlinova!
Mein Dank geht an PALE, OLLI SCHULZ UND DER HUND MARIE, MANDO DIAO, SOMETREE, FIRE IN THE ATTIC und die BRAINLESS WANKERS, weil sie versucht haben, mit wenig Publikum, das kaum einen Song kannte, das Festival zu etwas Wunderbarem zu machen. Und das hat teilweise auch geklappt.