Ein Sonntagabend in Hamburg, stürmisch und ein bisschen Regen. Ganz oben im Bunker brennt noch Licht, und die Motten, die von diesem Licht angezogen wurden, waren entweder schlau oder hatten großes Glück: ein Konzert der FUTURE ISLANDS!
Nun, ich muss gestehen, ich bin da nicht ganz unbefangen. Ich habe die FUTURE ISLANDS das erste Mal vor eineinhalb Jahren in Bremen gesehen, und für mich war nach den eineinhalb Stunden klar, dass das mein Konzert des Jahres war. Wie das so ist mit hohen Erwartungen und einer Band, die einen euphorisiert: die Vorfreude ist riesig, und man versucht, viele andere zu bekehren, dass man sich dieses Konzertspektakel ja nicht entgehen lassen dürfe.
Mit „Singles“ hat die Band aus Greenville, North Carolina, sogar ein neues Album im Gepäck, welches laut der Band eine Erweiterung des gewohnten FUTURE ISLANDS-Sounds um Sexyness und tanzbaren Beats ist und nächsten Monat veröffentlicht wird.
Doch erst einmal startete das Trio, aufgepeppt mit einem zusätzlichen Live-Drummer (denn auch die Drums stehen nun mehr im Fokus auf der neuen Platte), mit einem alten Klassiker – „Give us the wind“. Samuel Herring, Sänger der Band, ist ein Inbegriff des Dramas mit Gratwanderung zum Kitsch, der in den Songs der FUTURE ISLANDS schlummert: eindringlicher Blickkontakt, ein schweißnasses Gesicht und die Selbstdemütigung, ein Märtyrer menschlicher Leidensgeschichten, die er immer und immer wieder auf der Bühne durchlebt. Eine Intensität und Aufdringlichkeit, die es jedem empathisch fühlenden Menschen schwer macht zu entkommen.
Der Abend wurde geschmückt mit allerlei emotionalen Eckpunkten: nicht nur alte Klassiker wie „Inch of dust“ oder „Tin man“ übertrugen die Energie ins Publikum, sondern auch die neuen Lieder trafen einen Nerv. Ob Beat und Tempo oder ein kurzes Innehalten, in dem Sam Herring nachwirkenden Momenten des Lebens gedenkt, die FUTURE ISLANDS verarbeiten einfach alles. Zermürbende Themen und hoffnungsvolle Zusammenkünfte werden eingehüllt in den hallenden Synthesizer, die tiefe Stimme mal krächzend, mal säuselnd. Es ist eine Berg- und Talfahrt, die jedoch nie besonders exzessiv ist. Denn im Vordergrund steht die Theatralik, das Schauspiel, welches einzig und allein Sam Herring veranstaltet, der neutrale Rest der Band das ausbalancierende Element, welches versinnbildlicht, dass alles ja doch nicht ganz so schlimm ist. Und ganz am Ende des Konzertes, nach der Zugabe und nachdem man feststellen muss, dass auch die neuen Songs keine Ausreißer aus dem wertgeschätzten FUTURE-ISLANDS-Sound sind, wenn alle Lichter ausgehen und die Band sich artig bedankt, dann fühlt man es doch und muss sich gestehen, dass diese Band es erneut geschafft hat: einen Punkt im Herzen zu berühren, der Kitsch und Drama gleichermaßen wertschätzt.