Es hatte sich ja bereits bei den letzten Konzerten von AGAINST ME! ein wenig angedeutet, dass ihr neues Material im Vergleich zu den älteren Songs ausgesprochen poppig klang. Das passt den nörgelnden Szene-Polizisten natürlich ganz gut in ihren Kram, zumal die vier Jungs aus Florida mit ihrem vierten Album nun auch im Hafen eines bösen Majors gelandet sind. Aber das Label ist mir persönlich erst einmal relativ egal, schließlich zeterten dieselben Personen bereits, als AGAINST ME! von No Idea zu Fat wreckselten, und für meinen persönlichen Geschmack toppte „As the eternal cowboy“ das Debüt „Reinventing Axl Rose“ um Längen. Also gemach, Jungs!
Und tatsächlich sind die Veränderungen nicht ganz so groß wie befürchtet. Klar fällt die Produktion von Butch Vig im Vergleich noch um einiges sauberer aus als bei den bisherigen Veröffentlichungen; das ist zwar schade, ändert aber erst einmal nichts an der Hitdichte der Songs. Die ist auf „New wave“ nämlich noch um einiges höher als auf allen Vorgängern, allerdings hüten sich die Punks aus Gainesville davor, den Albumtitel in die Tat umzusetzen, und bewegen sich nach wie vor in den Schubladen Punkrock, Folk, Country und Mitgröhl-Gesang, ja, und neuerdings auch ein klein wenig im Bereich Pop. Dabei scheint das Piraten-Feeling à la DROPKICK MURPHYS und BILLY BRAGG einen Tick zurückgestellt, Gitarren der Marke SOCIAL DISTORTION werden stattdessen verstärkt eingesetzt (z.B. „White people for peace“ und „Piss and vinegar“), während der HOT WATER MUSIC-Einfluss im Großen und Ganzen gleich geblieben ist. Aber kommen wir noch kurz zum umstrittenen Thema „Pop“. „Trash unreal“ ist mit seinem 08/15-Emo-„Bababa“-Refrain und dem Midtempo sicherlich eines der schlimmsten AGAINST ME!-Songs ever, und auch „Stop!“ ist zumindest gewöhnungsbedürftig. Das nachfolgende „Borne on the fm waves of the heart“ mit Tegan Quin (von TEGAN AND SARA) als Gastsängerin ist zwar zunächst sehr ungewöhnlich, mauserte sich aber nach mehrmaligem Hören zu einem meiner Lieblingssongs des Albums. So bleiben AGAINST ME! am Ende zwar nicht ganz die alten, der Rotz und die Geschwindigkeit, die Punk letztlich auszeichnen, bleiben teilweise auf der Strecke, aber spätestens mit der Liveumsetzung haben die vier Jungs wieder eine ganze Reihe partytauglicher Mitgröhl-Nummern abgeliefert, die die wenigsten Bands in ebensolcher Klasse abzuliefern im Stande sind.