Oh yeah, 30 Jahre Pork Pie! Zeit, dem Berliner Ska-Label Tribut zu zollen. Dies ist jedoch nicht die erste Party die gefeiert wird. Jubiläum 10, 20 und 25 wurden bereits als CD veröffentlicht. Berlin war für mich damals eh die Ska-Hauptstadt, BUTLERS, MOTHER´S PRIDE, BLECHREIZ, um nur einige zu nennen. Die Zeiten waren damals eh irgendwie anders. Die Wiedervereinigung führte zwar West und Ost zusammen, aber auch mit relativ vielen negativen Begleiterscheinungen. Berlin und die deutsche Ska-Musik im Generellen waren damals schon eine Art Schlachtschiff gegen braune, gesellschaftliche Tendenzen. Die Tendenzen waren damals spürbarer, dumpfer, oftmals ohne Maske, offensichtlicher – alles war immer „schwarz“ oder „weiß“. Auf der einen Seite schossen Rechtsrock-Bands aus dem Boden, auf der anderen Seite schwappte S.H.A.R.P. aus den Staaten nach Europa rüber. Damals war es scheinbar ein Muss, für viele Kurzhaarige sich so zu positionieren, heute irgendwie nicht mehr der Zeitgeist. Und eben in dieser Zeit spielte das Berliner Label Pork Pie, aus der „neuen“ Hauptstadt, eine besondere Rolle. Die ersten Veröffentlichungen von NO SPORTS, mit der deutschen S.H.A.R.P.-Hymne „Stay rude, stay rebel“, THE TOASTERS, BAD MANNERS, eigentlich viele, auch internationale Meilensteine dabei. Was habe ich damals die „Ska… Ska… Skandal!“-Sampler-Reihe von Pork Pie geliebt. Besonders der zweite Teil – genialer Klassiker. Heute, nach 30 Jahren, sind auf dem aktuellen Jubiläums-Sampler mit SKAOS, THE FRITS, EL BOSSO und auch DR.RING DING gleich einige meiner Lieblings-Ska-Bands aus Deutschland mit am Start, der Spannungsbogen steigt. Kein Booklet, dafür aber ein schickes Digipak. Passt soweit, aber gerade bei so einem Jubiläums-Sampler kann man sich durchaus pompöser und ausgiebiger selber feiern, oder? Auch sind leider nur zwei der insgesamt sechszehn Songs unveröffentlicht, auch etwas schade, hier wäre noch Luft nach oben. Ich hatte die Jubiläumsreihe von Pork Pie immer als Low-Budget-CD in Erinnerung, dies scheint für diesen Sampler leider nicht zuzutreffen. Angepreist wird der Silberling, jedenfalls bei diversen Mailordern, zum normalen CD-Preis. Gehen wir jetzt mal ans Eingemachte. Das Gute vorweg: die alten Veteranen enttäuschen mich nicht. EL BOSSO: so wie ich sie liebe, SKAOS: cooler Raggamuffin, DR.RING DING: enttäuscht nie. Die russischen DISTEMPER habe ich mal vor Ewigkeiten auf dem Force Attack-Festival gesehen. Eigentlich weniger eine klassische Ska-Band, aber hier zählt der Exoten-Bonus. Diese zeigen hier auch gut auf, wie unterschiedlich diese eigentlich uralte Musikrichtung interpretiert werden kann. Ich muss zugeben, dass ich die letzten 15 bis 20 Jahre Ska-Musik etwas vernachlässigt habe. Für mich kamen, bis auf 8°6 CREW aus Paris, kaum bis wenig neue gute Bands zum Vorschein. Die Hoffnung lag also auf den neuen und unbekannten Bands, auf Neuentdeckungen. Klar, Lichtblicke gibt´s während der 16 Songs schon zu entdecken. Nennen will ich hier BABYLOVE & THE VAN DANGOS oder JOHNNY REGGAE RUB FOUNDATION. Aber alles nicht der „neue große Wurf“, um bei mir ein Ska-Revival auszulösen. Insgesamt zwar ein abwechslungsreicher Einblick mit jeder Menge Ausflüge in Reggae, Two Tone Ska, traditionellerem Ska, Rocksteady oder Bluebeat. Empfehlenswert aber eher für Anfänger, bei denen sich die Erwartungshaltung nicht über Jahrzehnte aufgebaut hat.