Ganz großes Kino! TOOL waren schon immer eine Ausnahmeband. Musik ist für sie ein Ausdruck von Kunst, dargeboten in apokalyptischen, kalten, hypnotischen Rhythmen. Nicht nur audiophil, sondern auch visuell! Ihre Konzerte werden bestimmt vom Auftreten des Frontmanns Maynard James Keenan, dem man die nach innen gekehrte Haltung und livehaftige Umsetzung ihres Songmaterials absolut abnimmt.
Vor gut 13 Jahren debütierten sie mit ihrer EP „Opiate“ und sorgten für Aufsehen, allerdings nur in den USA. Ein Jahr später schon, 1993 nämlich, lieferten TOOL mit „Undertow“ den ersten vollständigen Longplayer ab. Bei „Undertow“ wird erstmal das Potential offensichtlich, das TOOL bis zum heutigen Tag ausschöpfen. Lange, düstere, psychedelisch angehauchte Songs, die oft minutenlang brauchen, bevor der Gesang oder harte Gitarren einsetzen. Das ist nicht immer einfach, man muss sich dem Sound von TOOL öffnen. Ist das erledigt, wird man süchtig. Zu fesselnd sind die sich wiederholenden Akkorde, das punktgenaue Drumming und der pumpende Bass. Aber nicht nur auf CD/LP hat man eine Vormachtstellung inne, auch im Videobereich werden Preise für einzigartige Videos wie „prison sex“ oder „sober“ eingeheimst.
Die Platte avancierte zum Hit und fortan sollten sich bei TOOL die Gold- und Platin-Auszeichnungen stapeln. Nicht immer ist Erfolg mit Kommerz und Zugeständnissen verknüpft. Hier bestätigt die Ausnahme die Regel!
TOOL unterwerfen sich nicht den Marketing-Strategien ihrer Plattenfirma und veröffentlichen ihr nächstes Album „Aenima“ erst satte fünf Jahre später. Für das Zweitwerk einer noch jungen Band eigentlich der Todesstoß. Doch TOOL liefern mit besagtem Album ein absolutes Meisterwerk der progressiven Rock-Musik ab. Wird das Wort „Meisterwerk“ oft überstrapaziert, hier trifft es zu. Egal welches Lied man anspielt, das ist große Kunst! Und trotz des nicht geringen Anspruchs und der jahrelangen Abstinenz auf dem Tonträgermarkt schaffen es TOOL, all ihre Erfolge zu übertreffen und nicht nur die Top-Lists aller möglichen Zeitungen anzuführen, sondern auch die Verkaufszahlen sind hoch und TOOL sind endgültig eine Band, die größten Hallen jederzeit ausverkauft. Nebenbei ist Maynard auch noch Mitglied der Band A PERFECT CIRCLE, welche man grob als leichter zu konsumierende Ausgabe von TOOL bezeichnen könnte, TOOL light also. Auch diese Band wird groß und feiert sowohl verkaufsmäßige als auch Tour-Erfolge.
Wieder muss man sich fünf Jahre gedulden, dann ist das Box-Set „Salival“ da. Auf der einen Seite ist es genial, auf der anderen hätte man mehr erwartet. Zwar ist die CD-Seite mit Live-Versionen älterer Songs und Cover-Songs genial, aber die visuelle Umsetzung der DVD hätte besser sein können. Es sind vier fantastische Videoclips vorhanden, doch ist das nicht zu wenig nach all der Zeit?
Ein Jahr später, also sechs Jahre nach „Aenima“, ist es dann soweit. Das neue Album „Lateralus“ ist da! Erneut ist es nicht leicht zu greifen. Zu groß, zu schwer … Nach diversen Durchgängen unter dem Kopfhörer erschließen sich dann im dunklen Raum die Songs. Langsamer als auf „Aenima“, aber stetig. Dann irgendwann Pause. Nach wochenlanger Abstinenz lege ich die Platte erneut auf. Alles ist jetzt viel klarer … TOOL eben.
Wir haben Anfang 2006, in ein paar Monaten soll ein neues Album des Quartetts auf den Markt kommen. Gegen Mitte Januar erscheinen zwei DVD-Singles. „Schism“ und „Parabola“. Enthalten sind neben den visionären Musikvideos zu beiden Tracks jeweils ein Audiokommentar und ein Remix. Die Musikvideos, meistens gedreht von Gitarrist Adam Jones in einer Stop-Motion-Technik (Filmtechnik, mit der unbewegliche Dinge animiert werden, indem man sie Stück für Stück bewegt), sind künstlerische Kleinepen, die nicht gerade einfach zu konsumieren, aber von erhabener Schönheit sind. Was mich hierbei enttäuscht, ist die Sound-Untermalung der beiden Hauptsongs. Bei „Parabola“ geht es noch, aber bei „Schism“ fehlt es eindeutig an Druck und Klangfülle. Das Raumgefühl will nicht aufkommen und der viel zu leise Sound enttäuscht. Der Subwoover ist fast durchweg ruhig. Für eine Band wie TOOL, die wirklich genug finanzielle Mittel in der Hinterhand hat, ist das eindeutig zu wenig. Jede halbgare DVD hat da einen besseren Sound. So bleibt uns einzig die visuelle Umsetzung, die natürlich sehr gelungen ist. TOOL-Fans werden sich sowieso die beiden Teile in ihre Sammlung stellen!
Jetzt blickt man gespannt dem neuen Album und der Tour entgegen. Und über eines sind wir uns alle im Klaren: es wird wieder groß!