ZOX – Line in the sand

Warst du bisher auch immer der Meinung, die Violine sei ein Instrument für wohlerzogene Strebergören und Klassik-Nerds? Dann wird dich ZOX wohl ab sofort eines Besseren belehren müssen. Als ich die Band aus Rhode Island letztens auf ihrer gemeinsamen Tour mit THE GASLIGHT ANTHEM gesehen habe, stand ich wie gebannt vor der Bühne und registrierte ungläubig den virtuosen Umgang des zweiten Sängers mit seiner E-Violine. Nicht nur, dass er mit Hilfe fiesester Effektgeräte dem Instrument die unglaublichsten Klänge entlockt hat, nein, er verschmolz geradezu mit seinem Instrument, ging auf der Bühne ab wie eine Rakete, und es schien geradezu so, als wäre eine Fidel der natürlichste Bestandteil, den es in einer Rockband überhaupt gibt. Ganz große Show!
Generell ist es nicht ganz einfach, den komplexen Sound von ZOX in Worte zu fassen. Indie-Rock mit gelegentlichen Reggae-Einflüssen trifft wohl als erster Anhaltspunkt zu, spiegelt aber keineswegs die komplette Bandbreite der Gruppe wieder. Auf „Line in the sand“ sticht die Violine im Gegensatz zur Live-Performance nicht ganz so stark aus dem Gesamtsound der Band hervor, sondern fügt sich mehr ein und bleibt relativ unaufdringlich. Vielmehr verleiht sie den Stücken bestimmte Atmosphären, die mal eher fröhlich, aber ebenso gut auch melancholisch ausfallen können. Das reggaelastige „Towards Los Angeles“, die wunderschöne Ballade „Goodnight“ oder das Stück „The same (doesn’t feel the same)“ mit seiner treibenden Surfgitarre sind nur einige Beispiele von diesem Album, die zeigen, wie atmosphärische Indie-Musik fernab der gängigen Normen klingen kann. Somit ist „Line in the sand“ ein überzeugendes, unkonventionelles Album geworden, welches man sich allerdings durch mehrmaliges Hören erst einmal erarbeiten muss.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.