ZDOB SI ZDUB – Ethnomecanica

Oha, eine neue Schublade wurde aufgestoßen: Ethno-Hardcore. Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir reden hier nicht über die Erotik-Filmindustrie, sondern immer noch über das Musik-Business. Anstelle von kopulierenden Mitgliedern indigener Urwaldstämme befassen wir uns hier lediglich mit ZDOB SI ZDUB aus Moldawien, die in ihrer Heimat sowie diversen weiteren osteuropäischen Ländern bereits richtige Stars sind und nun auch den Westen in Form eines „Best of“-Albums erobern wollen. Das Erfolgsrezept der Truppe liegt darin, traditionelle Musik aus ihrer Heimat, wie osteuropäische Folklore und Gipsy-Klänge, mit mehr oder weniger „moderner“ Gitarrenmusik zu kombinieren. Doch der vermeintliche „Ethno-Hardcore“ entpuppt sich schnell als Mogelpackung: Nicht HC-Kapellen wie BLACK FLAG, SHELTER oder MADBALL, sondern vielmehr Neunziger Jahre Alternative- und Crossover-Bands wie die RED HOT CHILI PEPPERS oder RAGE AGAINST THE MACHINE sind hier die deutlich hörbaren Einflüsse. Bezüglich der (zum Teil als Sprechgesang vorgetragenen) Texte gibt man sich recht multilingual, denn neben ihrer Heimatsprache Rumänisch bedienen sich ZDOB SI ZDUB auch an der russischen und englischen Sprache. Als Resultat ist ein für westliche Ohren leicht skurriles Partyalbum herausgekommen, bei denen sich Crossover-Gitarren mit dem zum Teil abenteuerlich anmutenden Getröte regionaler Blasinstrumente vermischen und das in seinen besten Momenten wie die osteuropäische Antwort auf den lateinamerikanischen Mestizo-Sound wirkt. „Ethnomecanica“ ist zwar durchaus ein interessantes und aufgrund seines Exotenstatus liebenswürdiges Gesamtwerk geworden, aber ob das ausreicht, um sich auch in Westeuropa dauerhaft zu etablieren? „Ich glaube nicht, Tim.“

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.