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VIAGGIO – II

Am liebsten sind mir Plattentipps von den beiden Andrés. André 1 arbeitet bei Zardoz, der zweite André bei Michelle, die für mich wichtigsten Plattenläden in Hamburg. Natürlich spielt auch hier der jeweilige Musikgeschmack mit rein, aber ich denke mir immer, dass jemand, der tagein, tagaus ständig Musik hört, keine „falschen“ Empfehlungen ausprechen kann. Möglicherweise trefen ihre Tipps nicht immer meinen persönlichen Geschmack, aber die von ihnen angepriesenen Bands scheinen aus dem Gros der Veröffentlichungen aus irgendeinem Grund hervorzustechen. Und ich mag es, dass beide dabei sehr ehrlich sind. Wenn André 1 mit MOTORPSYCHO nichts anfangen kann, gibt er das auch unumwunden zu.
Jedenfalls ist André 2 daran Schuld, dass ich nun das zweite Album von VIAGGIO vor mir liegen habe und es auf eine Rezension wartet. Über GOGO PENGUIN kamen wir allgemein auf das Thema Jazz zu sprechen, und so empfahl er mir im Laufe des Gespräch wärmstens das Schaufensterkonzert von dieser Jazzformation aus Hamburg und Madrid. An dem Konzerttag hatte ich leider keine Zeit, doch seine Umschreibung weckte mein Interesse. Er sprach von „Jazz mit Weltmusik-Einflüssen, die aber nicht scheiße sind“. So oder so ähnlich blieb es mir jedenfalls in Erinnerung, und wo ich ihr Album „II“ höre, verstehe ich, was er damit gemeint hat. Hier wird nicht mit der gern gewählten Formation Drums-Kontrabass-Piano oder Saxophon gearbeitet, sondern mit vergleichsweise unüblichen Instrumenten. Jedenfalls wecken Akkordeon und Klarinette, unterstützt von Kontrabass und Percussions automatisch Bilder von fernen Reisezielen vor dem geistigen Auge. Wer denkt bei einem Akkordeon nicht sofort an französische Chansons, während den Klarinetten eine orientalische Note anhaftet und die Percussions an das Lebensgefühl auf den Straßen Südamerikas erinnern. Diese Bandbreite ist es auch, die VIAGGIO auszeichnet und von anderen Jazz-Ensembles unterscheidet: hört man in einem Moment noch etwas verträumt Chansonhaftes heraus, lugt im nächsten Moment ein rassiger Tango um die Ecke, während die Holzbläser dem Ganzen einen folkloristischen Stempel aufdrücken. So klingt VIAGGIO – „II“ wie ein vertontes, ziemlich buntes Reisetagebuch. Danke, André!