Wie viele Bands haben sich in der letzten Zeit reformiert? Nicht gerade wenige. Sei es des Geldes wegen oder um die guten alten Zeiten wieder aufleben zu lassen, weil man einfach Bock drauf hat. Das betrifft nicht nur so große Acts wie TAKE THAT, JENNIFER LOPEZ, GUNS ‚N‘ ROSES und A-HA, auch im Indie hatte man das Gefühl, dass man zuletzt häufig wieder Neues von Bands aus der Vergangenheit vernahm. Nicht anders war es beim Line-Up des Primavera Sound-Festivals in Barcelona, wo man sich in den letzten Jahren die Augen reiben musste, um sich zu vergewissern, ob man die Jahreszahl wirklich richtig gelesen hat.
Und warum sollte vom großen Comeback auch die Sparte des (Post-)Hardcore ausgeschlossen bleiben? Nach der Reunion von Bands wie SUICIDAL TENDENCIES, GORILLA BUISCUITS, REFUSED und AT THE DRIVE-IN war ich nicht weniger überrascht, als ich plötzlich einen Newsletter zu TRAKTOR in meiner Mailbox fand. Ihr Album „Sequence the sequence“ habe ich vor acht Jahren genauso häufig gehört wie LACKs „Be there pulse“, CHILDREN OF FALLS „Bonjour tristesse“ oder auch BREACHs „Kollapse“. Danach vernahm ich nichts mehr von den vier Schweden, und erst jetzt stelle ich fest, dass sie in der Zwischenzeit sogar ein drittes Album veröffentlicht hatten. Ging wohl irgendwie unter. Aber vielleicht habe ich die Band in Sachen Popularität auch komplett falsch eingeschätzt. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass sie im Jahre 2016 mittels Crowdfunding ein neues Album herausbringen und in oben erwähnten Newsletter ankündigen, es erst bei 150 Downloads auch physisch zu veröffentlichen. 150 Einheiten? Bei TRAKTOR? Das dürfte doch das geringste Problem sein.
Und tatsächlich fühle ich mich beim Durchhören von „Mean business“ in die Vergangenheit versetzt. Oben genannte Bands stehen nach wie vor als musikalischer Pate zur Seite, die Harmonien sind noch immer so melancholisch dissonant wie damals, genaugenommen allerdings auch die Akkordabfolgen. Der einzige Unterschied ist, dass auf „Mean business“ weniger geschrien wird als früher – wobei TRAKTOR den Gesangsstil ja von Platte zu Platte „entzerrten“.
Fazit: Schön, mal wieder an die alten Zeiten und den Play/Rec-Sound aus Kopenhagen erinnert zu werden, wenngleich ich zugeben muss, dass ich mit TRAKTOR nicht mehr so viel anfangen kann wie anno dazumal. Dies wird allerdings weniger an ihrer stilistischen Änderung liegen, eher im Gegenteil. Aber die 150 Exemplare sollten sie dennoch zusammenkriegen. Und wer nach wie vor gerne oben genannte Bands auflegt und TRAKTOR noch nicht kennt, sollte die vier Schweden und ihr bandeigenes Label unbedingt unterstützen.