TONEDOWN / NOTHING BETWEEN US / BROKEN FIST – Berlin – Warsaw – Moscow (Split-CD)

Was könnte in einer Szene, die seit über 20 Jahren den Unity-Gedanken propagiert, naheliegender sein, als länderübergreifende CD-Kooperationen einzugehen? Das dachten sich wohl auch die Bands TONEDOWN (Deutschland), NOTHING BETWEEN US (Polen) und BROKEN FIST (Russland) und taten sich kurzerhand zusammen, um jeweils vier Songs für eine Split-CD beizusteuern, die nun auf dem frisch gegründeten Label District 763 Records erscheint.
Die Berliner von TONEDOWN machen den Anfang und orientieren sich stark am NYHC-Sound, den sie zugegebenermaßen auch recht gut beherrschen. Was dagegen ziemlich nervt, ist ihr prolliges Bollo-Gehabe. Tut das wirklich not? Passend dazu haben sie sich für den Track mit dem pathetischen Titel „Try as hard as your life hits you“ mit KEKO KING auch noch einen Rapper zur Verstärkung geholt. Alles eine Frage des Geschmacks. Wer allerdings auf Bands wie PUNISHABLE ACT steht, der dürfte durchaus Gefallen an dieser Band finden.
Musikalisch mindestens ebenbürtig, aber weniger dem Posertum zugeneigt sind im Anschluss NOTHING BETWEEN US aus Warschau. Auffällig sind die extrem fetten Gangshouts, bei denen wahrscheinlich alle sechs Bandmitglieder gleichzeitig ins Mikro blöken. Sie beenden ihre Teilnahme an dieser Produktion mit dem Song „So much more“, der zwar auch nicht gerade mit HC-Klischees geizt, aber mit seinem starken Ende das meiner Meinung nach beste Stück auf diesem Tonträger darstellt.
BROKEN FIST sind spätestens nach der Auflösung von WHAT WE FEEL Moskaus neues Hardcore-Aushängeschild und gehen deutlich Metal-lastiger als ihre beiden Vorgänger zu Werke. Da überrascht es auch nicht großartig, dass sie am Ende „Seasons in the abyss“ von SLAYER covern. Der Sänger verfügt zudem über ein ziemlich derbes Organ. Qualitativ können die Russen allerdings nicht ganz mit den anderen Bands auf dieser Split mithalten.
Der Grundgedanke hinter diesem Split-Album ist zweifelsfrei ein guter, die qualitative Umsetzung jedoch nicht 100%ig überzeugend. Dafür ist es umso schöner zu sehen, dass sich auch in Osteuropa in den letzten Jahren eine aktive Hardcore-Szene entwickelt hat und dass Bands wie NOTHING BETWEEN US und BROKEN FIST über Projekte wie diese die Möglichkeit erhalten, auch hierzulande auf sich aufmerksam zu machen. Schon alleine deshalb ist dieser Tonträger alles andere als überflüssig.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.