Manche Leute streiten, ob SYMPHONY X nun die zehnte oder x-te Symphony sind, ob Michael Romeo tatsächlich eine Perücke trägt oder Russel Allens Stimmbänder außerirdischer Natur sind – alles wurscht! Denn am 13. Februar ging es einzig und allein um den ersten Headliner-Auftritt einer Band, die bereits seit 15 Jahren Mucke macht und in deren Backkatalog sich mittlerweile so viele Leckerbissen angesammelt haben wie im Speiseschrank meiner Oma (zur Info: der ist immer randvoll!).
Etwa 700 Banger haben sich in die Markthalle begeben, um den Mannen von Mastermind Michael Romeo die Ehre zu erweisen. Doch vorher gibt’s mit den beiden Bands DREAMSCAPE und CIRCUS MAXIMUS noch zwei kleine Prog-Metal-Appetithäppchen.
Dabei fällt das Häppchen im Falle von DREAMSCAPE allerdings recht mager aus. Kaum Ansagen, kaum Interaktion mit dem Publikum und beim Abgang eine ziemlich peinliche Aufforderung an das Publikum, schon mal für SYMPHONY X zu jubeln. Selbstbewusstsein sieht anders aus! Und die Mucke wirkt über weite Strecken ähnlich lasch wie die letzte Ansage: vertrackt, verschachtelt und einfach unnötig kompliziert. Lediglich der letzte Song vom bald erscheinenden neuen Album lässt die Füße der versammelten Metal-Fans ein wenig mitwippen und bietet eine süße Ohrwurmmelodie und einen catchigen Refrain. Vielleicht wird ja irgendwann doch noch ein Sahneschnitzel aus der Band.
Licht an, lecker Bierchen geholt und nach kurzer Pause öffnen die Norweger CIRCUS MAXIMUS ihr musikalisches Frickel-Zirkuszelt. Dabei starren vor allem die weiblichen Fans um mich unverhohlen auf den knackigen Frontman Michael Eriksen, der mit seinen kurzen und durchgestylten blonden Haaren so gar nicht nach Metal aussieht. Ist aber auch egal, denn die Band wird vom Publikum ordentlich abgefeiert. Mir ist die ganze Chose wieder etwas zu verfranst und verschachtelt – aber wie wir ja wissen, hat der Prog viele Gesichter und Meinungen!
Licht an, lecker Bierchen geholt und nochmal tief durchgeatmet, denn gleich landen die Götter auf der Bühne. Als dann die ersten Töne des imposanten Intros „Oculus ex inferni“ durch die Halle schallen, gibt’s für viele Fans kein Halten mehr. Wie lange hat man als europäischer Fan auf diesen Augenblick warten müssen. SYMPHONY X-Sprechchöre klingen durch die Markthalle, und die Spannung steigt ins Unerträgliche. Und dann steht er plötzlich vor uns: Michael Romeo, Gitarrengott und Zauberkomponist in einer Person. Und so wie ich die Sache beurteilen kann, trägt er keine Perücke – Fehlalarm also. Ich reibe mir nochmal verwundert die Augen, und was dann kommt, ist nicht von dieser Welt. Romeo flitzt mit seinen Fingern über das Griffbrett der Gitarre, als gäbe es keinen nächsten Morgen mehr. Was für die Hausfrau das gut gefettete Nudelholz, scheint für Romeo tatsächlich die Gitarre zu sein. Atemberaubende Soundkonstrukte fliegen durch die Boxen und rauschen mit Tempo 400 durch die Gehörkanäle. Und dann formt sich ganz bedächtig aus den Soundschnipseln das Killerriff vom Hammer-Song „Domination“, das dermaßen fett aus den Boxen pfeffert, dass ich für einen Moment in Deckung gehe. Was für ein BUMMS, welch massive Soundwand! Jetzt wippen wirklich alle Banger mit den Köpfen und reißen begeistert die Arme hoch, als Russel Allen mit einem fetten Grinsen die Bühne betritt. Was dann folgt, ist in Worten kaum noch zu beschreiben. In den nächsten gut zwei Stunden bekommen wir ein schillernd musikalisches Feuerwerk um die Ohren geblasen, das von der ersten Scheibe der Band bis zum aktuellen Hammer „Paradise lost“ reicht. „Masquerade of lies“, „Unleash the fire“, „Through the looking glass“ und „Set the world on fire“ werden vom Orchester SYMPHONY X so fantastisch in Szene gesetzt, dass ich am liebsten alle Bandmitglieder umarmen möchte – hier und jetzt!
Die Münder klappen jedoch vollends runter, als Russel Allen „Paradise lost“ anstimmt und so gefühlvoll intoniert, das den Zuschauern literweise kalte Schauer die Rücken runterlaufen. Ja, der Mann muss einfach Stimmbänder haben, die nicht von dieser Welt sind. Als er das Mikro in die Menge hält und die Menge den überirdischen Chorus von „Paradise lost“ mitsingt, ist die Band für einen Moment völlig baff und sichtlich bewegt. „Looking down from Ethereal Skies silent crystalline tears I cry“ – ein Moment für die Ewigkeit.
Es folgt das monumentale „Revelation (divus pennae ex tragoeida)“, das mal locker zehn Minuten geht, ehe im Zugabenteil die beiden Überknaller „Of sins and shadows“ und „Out of the ashes“ der 97er Götterscheibe „The divine wings of tragedy“ zum Besten gegeben werden. Man fühlt sich wie in einem Meer aus Glücksgefühlen und bunten Blumen, das man nie wieder verlassen möchte. Danke für diesen wunderbaren Abend, danke dass es euch gibt!